Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg muss darüber entscheiden, ob die Genehmigung für das umstrittene Atommüllendlager Schacht Konrad in Salzgitter Bestand hat. Die niedersächsischen Landesverbände der Umweltorganisationen BUND und NABU haben nach Angaben vom Donnerstag beim OVG fristgerecht die Begründung für ihre Klage gegen eine Entscheidung von Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) eingereicht. Meyer hatte im September den Antrag der beiden Umweltverbände auf Widerruf beziehungsweise Rücknahme der Genehmigung für Schacht Konrad abgelehnt. Dem Grünen-Politiker zufolge ist das Genehmigungsverfahren nicht zu beanstanden gewesen.
„Ein Endlager darf nur in Betrieb gehen, wenn die Langzeitsicherheit nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik erwiesen ist“, erklärten am Donnerstag die Klägerinnen, Susanne Gerstner, Landesvorsitzende des BUND Niedersachsen, und Petra Wassmann, Konrad-Beauftrage des NABU-Landesverbandes: „Dies ist bei Schacht Konrad nicht der Fall. Die Lücken im Sicherheitsnachweis sind eklatant und mannigfaltig.“ Das Landesumweltministerium und die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Konrad-Bauherr und -Betreiber beriefen sich auf Jahrzehnte alte Sicherheitsanforderungen – „das ist nicht nur falsch, sondern gefährlich“.
Die Kläger-Rechtsanwältin Michele John betonte, die Voraussetzungen für den Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses lägen vor. Es seien nachträglich neue Tatsachen eingetreten, die einen Widerruf rechtfertigten. Dazu zählten neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die bei der Genehmigung von Schacht Konrad noch nicht vorgelegen hätten oder anders bewertet worden seien. Es bleibe dabei, „dass der Planfeststellungsbeschluss seinerzeit auf Grundlage einer völlig unzureichenden Datengrundlage ergangen ist.“
Das Bündnis gegen Schacht Konrad, das von der IG Metall, dem Landvolk, Bürgerinitiativen und der Stadt Salzgitter getragen wird, unterstützt die Klage. „Die Anforderungen an die Sicherheit und den Langzeitsicherheitsnachweis müssen für alle schwach und mittelradioaktiven Abfälle gleich sein, ob sie nun in Schacht Konrad eingelagert werden sollen oder an einem anderen Standort“, sagte Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU). „Das sklavische Festhalten an einem offensichtlich nicht den heutigen Anforderungen entsprechenden überalterten Planfeststellungsbeschluss untergräbt zusätzlich das Vertrauen der Menschen in unserer Region in die verantwortlichen Entscheidungsträger. Deshalb muss die Genehmigung aufgehoben werden.“
Die Genehmigung zur Umrüstung des früheren Eisenerzbergwerks Konrad zum Bundesendlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll hatte das Land Niedersachsen 2002 erteilt. Schacht Konrad soll laut Planfeststellungsbeschluss bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Die Kosten für den Umbau beziffert die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung mit rund 5,5 Milliarden Euro, die Fertigstellung des Endlagers werde für 2029 angestrebt.