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Über Bitten und Verstehen

Nicht nur Kinder haben Wünsche. Auch wir. Und zwar ständig: Lass meine Mutter nicht sterben. Steh meinen Kindern bei. Gib mir Kraft. Und Gott gibt – oder er gibt nicht. Warum?

Jetzt hat sie wieder begonnen – die Zeit der Wunschzettel. Und so mancher muss erst mal schlucken: Kann, soll, darf ich dem Kind diesen Wunsch erfüllen? Kriegsspielzeug. Handy. Haustier. Da ist psychologischer Sachverstand und vielleicht auch Beratung gefragt.

Interessant ist die Frage nach dem Wunschzettel auch aus der Sicht des christlichen Glaubens. Wir erleben hier quasi eine Umkehrung der üblichen Situation, in der wir es sind, die Gott um etwas bitten.

Kann man das vergleichen? Gott als der Vater, die Mutter – und der Mensch ist das Kind, das von den Eltern etwas will? Die Bibel kennt durchaus diese Vorstellung. Wir betteln Gott geradezu an: Gib, dass ich meine Arbeitsstelle nicht verliere. Steh meinem Freund bei der OP bei. Lass meine Mutter nicht sterben. Und Gott gibt – oder auch nicht.

Eine gewagte Vorstellung, eine Zumutung, zumindest für die Menschen der heutigen Tage. Wir – die unmündigen Kinder? Die wissen ja in der Regel nicht, was gut für sie ist. Ihnen fehlt die Wunsch-Kompetenz. Kinder wünschen –Erwachsene entscheiden, was davon gut ist.

Ist das bei Gott auch so? Letztlich kann wohl niemand genau sagen, wie das alles genau zusammenhängt. In der Bibel geht es jedoch in der Tat durchaus in diese Richtung. Wir sollen Gott bitten. Und er gibt. Aber: Er gibt über Bitten und Verstehen, über das Maß unserer menschlichen Einsicht  hinaus, heißt es im Epheserbrief im dritten Kapitel.

Über Bitten und Verstehen – das mag zunächst einmal tatsächlich arg nach Entmündigung klingen. Allerdings – und diese Erfahrung dürfte jeder kennen: Wie oft war man im Nachhinein froh, dass sich ein Herzenswunsch dann doch nicht erfüllt hatte. Bei der Partnerwahl. Im Beruf. Und wie oft hatte man sich, wenn sich ein Wunsch erfüllt hatte, später sehnlichst gewünscht, dass dieser Wunsch wieder rückgängig gemacht werden könnte. Die Sagen und Märchen der Menschheit sind voll davon. König Midas, der sich überbordenden Reichtum wünschte. Und dann fast verhungerte und verdurstete, weil alles, was er anfasste, zu Gold wurde. Des Fischers Frau, die ihr Wünschen zur Maßlosigkeit verführte.

Sicher, manches kann man einfach nicht akzeptieren. Und schon gar nicht verstehen. Wenn jemand jung stirbt zum Beispiel. Überhaupt: das Leid in der Welt. All die Dummheit, die Ignoranz. Die Gewalt.

Die Menschen bekommen etwas zugemutet. Geschenke Gottes?
Das Geschenk Gottes ist Jesus Christus. Mit ihm kommt Hoffnung in die Welt. Er hat gelebt, sich gefreut, gefeiert. Wie wir. Gezittert und gezagt. Er hat gelitten und ist früh gestorben. Der Sohn Gottes kennt das Leid. Die Enttäuschung. Das bange Fragen: Könntest du den Kelch nicht doch an mir vorübergehen lassen? Die Enttäuschung. Und dann das Fügen, das Sich Fallen Lassen. Das Vertrauen: Letztlich wird alles gut.

Das meint Advent. Den einen Wunsch: Unser Herr, komm bald. Lass dein Reich anbrechen. Mach, dass alles gut wird.