Stirbt das eigene Kind, ist das oft der Super-GAU für Eltern. Noch schlimmer, wenn es das einzige war. Sind sie dann keine Mutter, kein Vater mehr? Eine Trauerbegleiterin widerspricht entschieden.
Verstorbene Kinder sollten weiter ihren festen Platz in der Familie behalten. Das rät die Münchner Trauerbegleiterin Freya von Stülpnagel. Die Mutter eines verstorbenen Einzelkindes habe sie einmal gefragt, ob sie denn jetzt noch weiterhin eine Mutter sei, erzählte Stülpnagel der “Süddeutschen Zeitung” (Montag). “Natürlich bleibst du weiter Mutter, habe ich zu ihr gesagt. Das Kind ist doch Teil der eigenen Lebensgeschichte.”
Die 75-jährige Juristin hat selbst 1998 einen Sohn durch Suizid verloren und sich danach zur Trauerbegleiterin ausbilden lassen. Als Vorstand des Münchner Vereins Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister initiierte sie vor 20 Jahren das Projekt “Primi Passi” (italienisch: erste Schritte). Mit 14 Teamkolleginnen begleitet Stülpnagel jedes Jahr bis zu 90 Trauerfälle in der Akutphase direkt nach dem Tod des Kindes, ohne dass Kosten für die Hinterbliebenen anfallen.
Stülpnagel erklärte, sie selbst sage auch immer, sie habe vier Kinder, aber eines lebe nicht mehr. “Bei uns hat mein verstorbener Sohn einen festen Platz. Selbst meine Enkelkinder wissen, dass es einen Onkel gibt, den sie nicht kennenlernen konnten.” Ziel müsse sein, “mit einer gesunden Trauer leben zu lernen”.