Als Salzburger Erzbischof trug Alois Kothgasser den Ehrentitel “Primas Germaniae”. Nun ist der Ordensmann und vormalige Bischof von Innsbruck mit 86 Jahren gestorben – ein “guter Hirte” und “Anwalt des Dialogs”.
Der Tod des österreichischen Erzbischofs Alois Kothgasser hat Trauer und Betroffenheit ausgelöst. Kothgasser, von 2003 bis 2013 Salzburger Erzbischof und zuvor ab 1997 Bischof von Innsbruck, war am Donnerstagabend im Alter von 86 Jahren in seiner Wohnung im Salzburger Priesterseminar im Beisein seiner engsten Familienangehörigen und seines Nachfolgers Erzbischof Franz Lackner gestorben. “Sein Tod macht mich betroffen, doch ich blicke auch in großer Dankbarkeit auf sein Wirken”, erklärte Lackner.
Der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) zeigte sich gegenüber der Wiener Presseagentur Kathpress (Freitag) dankbar für das ökumenische Wirken Kothgassers. Diesen hätten “ein tiefer Glaube, eine große Herzlichkeit und Menschenfreude” ausgezeichnet, so der Metropolit, der auch Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich ist. Der Verstorbene habe den Ostkirchen stets Gastfreundschaft entgegengebracht.
Die Salzburger Hochschulwochen würdigten Kothgasser als “Mann des besonnenen Wortes”. Der Erzbischof, der dem Präsidium der Sommeruniversität von 2003 bis 2014 vorstand, sei ein “gleichermaßen unaufgeregter wie unermüdlicher Anwalt des Dialogs, der Vermittlung, des Ausgleichs” gewesen, erklärte Hochschulwochen-Obmann Martin Dürnberger. “In diesem Sinne verstand er auch die Hochschulwochen als Forum einer fragenden Katholizität, die den Dialog mit den Wissenschaften und den Fragen der Zeit sucht.”
Bischof Hermann Glettler, Kothgassers Nachfolger in Innsbruck, erinnerte an das “herausfordernde” Jahr 1999 mit dem Unglück am Berg Isel und der Lawinen-Katastrophe in Galtür. “Neben Trauer und Leid gab es auch verletzende Schuldzuweisungen”, sagte Glettler. “In dieser Situation leistete der Bischof einen wesentlichen Beitrag zur Versöhnung.” Ein weiteres Herzensanliegen Kothgassers sei “eine ernst gemeinte Ökumene” gewesen.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn würdigte den Verstorbenen als “Vorbild an Sanftmut” sowie als “fröhlich, herzlich und menschennah”. “Wir haben in der Bischofskonferenz dankbar seine Gabe der Vermittlung und Versöhnung schätzen gelernt”, so der langjährige Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz. Kothgasser sei “im besten Sinn des Wortes ein guter Hirte” gewesen, sagte der Wiener Erzbischof.
Unterdessen hat die Erzdiözese Salzburg ein Online-Kondolenzbuch freigeschaltet. Es enthält die Möglichkeit zu Trauerbekundungen und wird demnach mit weiteren Informationen zu Kothgassers Beisetzung ergänzt.
Geboren am 29. Mai 1937 in Sankt Stefan im Rosental in der Steiermark, trat Kothgasser mit 18 Jahren in den Salesianerorden ein. 1964 wurde er zum Priester geweiht. Er studierte unter anderem an der Päpstlichen Salesianer-Universität in Rom, wo er später auch lehrte. Im Oktober 1997 wurde Kothgasser von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Innsbruck ernannt; fünf Jahre später wählte ihn das Salzburger Domkapitel zum neuen Erzbischof.
Bekannt war Kothgasser auch für seinen langjährigen Einsatz für die Beziehungen der katholischen Kirche zu den Ostkirchen. Die in Wien ansässige Stiftung Pro Oriente ernannte ihn 2015 zum Ehrenmitglied. Bis 2017 war Kothgasser Großprior der österreichischen Statthalterei der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem.
Die Erzbischöfe von Salzburg führen bis heute den historischen Titel eines Primas Germaniae. Damit ist nicht mehr ein kirchenrechtlicher, wohl aber ein liturgischer Ehrenvorrang verbunden. Der Titel lag zunächst beim Bischofsstuhl von Magdeburg. Nach dem Westfälischen Frieden (1648), als Magdeburg protestantisch geworden war, wurde er auf Salzburg übertragen.