Drama über eine mollige junge Pflegerin und einen querschnittsgelähmten Mann, die eine Beziehung eingehen und ihre Körper, Gefühle und Befindlichkeiten erforschen.
“Touched” wühlt auf. Der Film verbindet Zärtlichkeit und Zorn, Sehnsucht und Verlangen, Schmerz, Trauer, auch Erinnerungen an Dinge, die nicht mehr möglich sind. Es geht aber auch um Begehren und Körperlichkeit. Und den Versuch und die Versuchung einer Liebe.
Eine Reha-Klinik. Ein junger Mann, Alex, eher schmächtig, querschnittsgelähmt. Mit im Zimmer ist eine Schwester, die routiniert zu Werke geht. In der Garderobe steht Maria. Auch sie ist jung und von kräftigem Körperbau. Sie soll lernen, wie man Alex pflegt, ihn vom Bett auf den Rollstuhl hebt und unter der Dusche hilft. Morgen, ordnet die Schwester an, müsse Maria alles alleine können.
Maria, von der Isländerin Isold Halldorudottir eindringlich gespielt, ist ein stilles Wasser, das tief gründet. Über ihre persönlichen Hintergründe erfährt man so gut wie nichts. Abgesehen vom beruflichen Umfeld sieht man sie immer allein. Auch dann, wenn sie in eine Disco oder ein Karaoke-Lokal geht, wo sie – ein bisschen verloren – ein Lied singt.
Selbst wenn sie mit Alex an einen Waldsee fährt, sondert Maria sich ab. Schwimmt allein hinaus. Die Kamera sucht hier, wie auch bei anderer Gelegenheit, immer mal wieder die Vogelperspektive. Maria wirkt in ihrem Körper ganz für sich.
Obwohl Außenseiterin und Einzelgängerin, verfügt Maria über ein waches Sensorium gegenüber ihrem Umfeld, insbesondere gegenüber Alex. Sie kann sich in seine Situation einzufühlen, in seine körperliche Versehrtheit wie seine psychische Not, obgleich sie diese auch hinterfragt. Und die sich irgendwann schleichend mit ihrem eigenen – körperlichen und sexuellen – Begehren zu vermischen beginnt. Vielleicht auch mit ihrer unausgesprochenen Sehnsucht nach Beziehung.
Im Unterschied zu Maria erfährt man über den von Stavros Zafeiris gespielten Alex einiges mehr. Etwa, dass er bei einem Kampf am Kopf getroffen wurde und seither seine Beine nicht mehr spürt. Dass vorher eine Freundin hatte, diese aber weggeschickt hat. Dass er vom Fliegen, Laufen und Rennen träumt, sich dabei aber nie im Rollstuhl sieht. Alex kann sich nicht mit seine Behinderung abfinden.
Maria hört aufmerksam zu, wenn er, meist stockend, etwas über sich erzählt. Wie zufällig verharrt ihre Hand bei der Intimpflege eines Tages länger als nötig auf Alex’ Geschlecht; ihre Bewegungen werden zum zarten Streicheln.
Sie habe, erklärt Regisseurin Claudia Rorarius, noch nie einen Spielfilm gesehen, der die intime Beziehung zwischen einer körperlich behinderten und der sie pflegenden Person schildere. Rorarius hat in ihrer Jugend miterlebt, wie ihr Vater zum Behinderten wurde, und die Idee zu “Touched” jahrelang mit sich herumgetragen. In Alex spiegeln sich Charaktereigenschaften und Verhalten, die sie von ihrem Vater kennt.
“Touched” erzählt, wie Alex und Maria sich näherkommen. Wie aus zögerlichem Streicheln, Neugier und Entdeckerfreude allmählich eine sexuelle Beziehung entsteht. Anfänglich finden solche Begegnungen in der Klinik statt. Allmählich aber verlagern sie sich an den See im Wald, in Marias Wohnung oder ins Karaoke-Lokal.
Die treibende Kraft hinter der Beziehung ist anfänglich Maria, die Alex etwas gibt, das ihm fehlt: Eine Ahnung davon, dass sein Leben auch im Rollstuhl weitergehen könnte. Tatsächlich verbessert sich seine körperliche Befindlichkeit. Er entwickelt eine gewisse Selbstständigkeit.
Gegen sein Hadern mit dem Schicksal aber kommt auch Maria nicht an. Ihre wachsende Fürsorge und Zuneigung lösen in Alex zunehmend Härte, aber auch Verzweiflung und Respektlosigkeit aus. Was anfänglich reine Zuwendung und geteiltes Begehren war, wird zunehmend von einer fatalen körperlichen Ungleichheit überlagert, da Maria immer die Stärkere ist und ihren sexuellen Begegnungen auch Übergriffigkeit innewohnt.