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Thesenanschlag im Berliner Dom

400 Expertinnen und Experten setzten sich auseinander mit der Frage „Was hält die Demokratie in Deutschland zusammen?“. Vorträge und thematische Foren weisen die Richtung für eine nachhaltige Reformation des Ganzen im Kleinen wie im Großen

Mike Auerbach

BERLIN – Am 14. März haben das Bundesfamilienministerium und das Auswärtige Amt in Kooperation mit den Evangelischen Akademien, Expertinnen und Experten aus gesellschaftlichen Organisationen in den Französischen Dom in Berlin eingeladen. Bei Vorträgen und thematischen Foren ging es vor allem um die Frage „Was hält die Demokratie in Deutschland zusammen?“.

Was der Demokratie förderlich ist

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, eröffnete den Kongress. In ihrer Rede bezog sie sich auf die Bedeutung des 500. Reformationsjubiläums, das das Ministerium veranlasst hat, den Kongress zu veranstalten. Luther und die Reformation hätten nicht nur Kirche und Theologie nachhaltig verändert, sondern auch Politik, Wirtschaft und Kultur, Bildung und Medien, das private und das öffentliche Leben, so die Ministerin. Doch auch 500 Jahre nach der Reformation sei Demokratie, immer noch und erneut, alles andere als selbstverständlich. Es brauche der Diskurse, der vielfältigen Gespräche im Großen und im Kleinen.
Deshalb wurde in den verschiedenen Foren auch engagiert diskutiert. Die Teilnehmenden des Kongresses, rund 400 Expertinnen und Experten aus gesellschaftlichen Organisationen diverser Fachbereiche, formulierten unter anderem reformatorische Thesen. Sie wurden sowohl bei dem Kongress als auch im Internet veröffentlicht.
So ging das Forum „Bildung“ etwa der Frage nach, welche Bildung Demokratie fördert. Die Teilnehmenden kamen zu dem Schluss, dass die „zunehmende ‚Verzweckung‘ der Bildung die Demokratiebildung gefährde. Daher brauche es „mehr informelle Orte der Begegnung“, lautete eine These aus dem Bildungsforum. Eine andere forderte, Verantwortliche für Bildung und Politik sollten ihre Sprache „demokratisieren“, damit auch schwer Erreichbare und Ignorante teilhaben können“.
Das Forum „Gleichstellung“ beschäftigte sich zunächst mit dem zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung und formulierte: „Gleichstellungspolitik ist Garant für gesellschaftlichen Frieden“, „Erwerbsarbeit und Sorgearbeit müssen zusammen gedacht werden“ und „Wir brauchen eine neugestaltete Arbeitswelt, die von den Bedürfnissen der Menschen ausgeht!“.
Dass Familien ideale Übungsorte der Demokratie sind, darin waren sich die Teilnehmenden des Forums „Familie und Demokratie“ einig. Um Demokratie leben zu können, bräuchten Familien Zeit und Empowerment. Gelebte Vereinbarkeit für Frauen und Männer sei ein Motor für soziale Innovation. Das stärke unsere Kinder und bereichere und verändere die ganze Gesellschaft, so ihre reformatorische These.

Damit Teilhabe nicht mehr vom Geldbeutel abhängt

„Leider ist Teilhabe oft auch eine finanzielle Frage“, betonte Christel Riemann-Hanewinckel, ehemalige parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2002-2005), im Interview. „Deswegen ist es wichtig, dass der Staat an dieser Stelle für diejenigen eintritt, die sich Partizipation selbst nicht ermöglichen können“, sagte Riemann-Hanewinckel. Ein Weg wäre zum Beispiel, das Steuerrecht zu demokratisieren und Familien, die nicht das traditionelle Familienbild leben, gleichzustellen, so ihr Resümee.
Den Kongress beschloss ein Konzert des jungen Bundesjazzorchesters mit alten Luther-Chorälen in modernen Klangbildern.

Dokumentation des Kongresses unter www.zusammenhalt-staerken.de.