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Theologieprofessorin: Kirche braucht freiere Mitgliedschaftsformen

Ein wichtiger Schritt des „Herantastens“: Theologieprofessorin Richter befürwortet flexiblere Kirchenmitgliedschaften und liberale Reformen in der evangelischen Kirche, um relevanter zu bleiben.

epd-Bild / Hanno Gutmann

Die Theologieprofessorin Cornelia Richter hat sich für freiere Formen der Kirchenmitgliedschaft ausgesprochen. „Ich würde die Möglichkeit begrüßen, dass man Mitgliedschaften auf Zeit oder eine Art Gaststatus annehmen kann“, sagte die Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kirche heiße, durch Christus eingeladen zu sein. „Wenn man das ernst nimmt, sind Exklusionsmechanismen deutlich schwieriger zu begründen als bisher.“

Die evangelische Kirche sollte nach Ansicht Richters auch in anderen Bereichen wie bei Gottesdiensten freiere Formen wählen und in ihrer Ausdrucksweise moderner und säkularer werden, um bei den Menschen relevant zu bleiben. Dabei dürfe sie sich allerdings nicht selbst verlieren. „Das ist ein schmaler Grat, und wie genau wir das machen, weiß ich auch noch nicht“, sagte Richter. Die in der rheinischen Kirche geplante Entschlackung von Regeln für Amtshandlungen wie Taufen und das Abendmahl sei ein wichtiger Schritt des „Herantastens“.

Rheinische Landessynode will Liberalisierungen beschließen

Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland, die bis Freitag in Düsseldorf tagt, will einige Liberalisierungen beschließen. Dazu soll das sogenannte Lebensordnungsgesetz geändert werden. Demnach dürften alle Getauften am Abendmahl teilnehmen, auch kleine Kinder und Menschen, die keine Kirchenmitglieder mehr sind. Taufen sollen auch für Kinder ermöglicht werden, bei denen keines der Elternteile evangelisch ist. Orte für Amtshandlungen wie Trauungen oder Taufen sollen flexibler gewählt und Gottesdienste freier gestaltet werden können. Richter ist Mitglied im Ständigen Theologischen Ausschuss der Landeskirche, der den Entwurf vorbereitet hat.

Diese Änderungen bedeuteten keine „Ausdünnung“ der kirchlichen Grundsätze, betonte die Professorin. „Sondern es ist ein Ausprobieren, ob und wie wir dem veränderten gesellschaftlichen Bindungsverhalten gerecht werden und den Einladungscharakter des Evangeliums verstärken können.“ Diese Veränderungen bekomme nicht nur die Kirche durch sinkende Mitgliederzahlen zu spüren, sie beträfen alle gesellschaftlichen Bereiche, etwa Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz oder auch politische Parteien. „Zugehörigkeit funktioniert heute nicht mehr über lebenslange Bindung, sondern eher über konkrete Projekte und temporäres Engagement“, sagte die Theologin.

Verwaltungsapparat sei „viel zu groß“

Aktuell sei ein wichtiger Zeitpunkt, Dinge zu verändern, sagte Richter. Neben dem konkreten kirchlichen Leben sei das auch für die Strukturen der evangelischen Kirche wichtig. So sei etwa der Verwaltungsapparat „viel zu groß“. Hier könnten Geld gespart und Freiräume eröffnet werden.