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Theologe Schlüter: Kirche muss sich auf ihren Auftrag besinnen

Angesichts multipler Krisen in der Welt sollte sich die Kirche nach Ansicht des amtierenden leitenden Theologen der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, auf ihren Auftrag besinnen, das Evangelium zu kommunizieren. Es gehe darum, „das Licht des Evangeliums leuchten zu lassen in dieser zerrissenen, disparaten, widersprüchlichen Welt“, sagte er am Montag vor der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld. Viele Menschen seien „müde und mürbe“ geworden angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, des Klimawandels, der 120 Millionen Flüchtlinge weltweit, der Gefährdung von Demokratie durch autoritäte Konzepte und einer tiefen Wirtschaftskrise.

Trotz dieser Probleme habe die Kirche „einen großen, hell glänzenden Schatz“, sagte Schlüter, der seit dem Rücktritt der früheren Präses Annette Kurschus vor einem Jahr als Theologischer Vizepräsident kommissarisch an der Spitze der viertgrößten deutschen Landeskirche steht. Es gehe darum, „in Wort und Tat zu zeugen von der bedingungslosen Liebe Gottes zu seiner Schöpfung und zu allen Menschen“. Dies sei der kirchliche Auftrag, „mit dem alles steht und fällt, nur deshalb sind wir da“.

Nach tiefgreifenden Veränderungen in den letzten Jahrzehnten stecke auch die Kirche in der Krise, sagte der 63-jährige Theologe. So habe allein die westfälische Kirche von 2022 auf 2023 fast drei Prozent ihrer Mitglieder verloren, aktuell hat die Landeskirche gut 1,9 Millionen Mitglieder. Religiöse Praktiken wie das persönliche Gebet oder die Teilnahme am Gottesdienst sind einer Studie zufolge ebenso rückläufig wie die Relevanz von Religion insgesamt.

„Irritiert“ ist die westfälische Kirche nach Schlüters Worten zudem weiter durch die anhaltende Vakanz des theologischen Leitungsamts – die Kurschus-Nachfolge entscheidet sich vermutlich erst im Frühjahr, weil auf der aktuellen, bis Mittwoch tagenden Synode keine Wahl möglich ist: Der einzige Bewerber hatte seine Kandidatur zurückgezogen.

Kurschus war vor einem Jahr wegen unzureichender Kommunikation zu einem mutmaßlichen Missbrauchsfall in ihrem Umfeld an ihrem früheren Arbeitsort Siegen als westfälische Präses und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten. Schlüter kündigte an, das mit der Untersuchung des Verdachtsfalls beauftragte Unternehmen werde voraussichtlich im ersten Quartal 2025 einen Bericht vorlegen, „der die erkennbaren Sachverhalte transparent darstellen wird“.

Unter Druck steht die westfälische Kirche auch wegen einer millionenschweren Finanzkrise. Im kommenden Jahr soll ein Haushaltssicherungskonzept verabschiedet werden, der Haushalt auf der landeskirchlichen Ebenen muss bis 2028 dauerhaft um mindestens 8,8 Millionen Euro gekürzt werden. „Wir müssen dringend und wir werden umfassend umbauen“, sagte Schlüter. Das gelte auch für die 431 Gemeinden und 26 Kirchenkreise in Westfalen. Alles müsse sich an der Fragen orientieren, welche Worte und Taten es brauche, „dass die Botschaft von Gottes Liebe zu seiner Schöpfung und zu allen Menschen im 21. Jahrhundert gehört, gesehen, verstanden werden kann“.