Alle kirchlichen Amtshandlungen werden ab 2018 in elektronischen Kirchenbüchern geführt.
Von Sibylle Sterzik
Ist die Freundin getauft, die Patin werden soll? Wann und wo? Weil die Patin darüber einen Nachweis braucht, fragt sie bei der Kirchengemeinde nach. Pfarrer oder Küsterin suchen in den ehrwürdigen Kirchenbüchern den entsprechenden Eintrag heraus. Sie kopieren, was dort in geschwungenen Lettern steht. Vorausgesetzt, das Papier bröckelt nicht und der Eintrag ist noch lesbar. Und das bleibt für Amtshandlungen vor 2018 auch so. Sie sind Schmuckstücke, die alten Kirchenbücher, bestätigt Jörg-Ulrich Heine, Leiter der Kirchensteuerstelle und der Abteilung Meldewesen im Konsistorium. Dennoch begrüßt er, dass es ab 2018 etwas Neues geben wird. Die EKBO führt das elektronisch unterstützte Kirchenbuch ein. Eintragungen über Taufen, Trauungen und Beerdigungen, also alle Amtshandlungen, müssen ab dem 1. Januar 2018 elektronisch erfolgen. Verbindlich für alle Gemeinden. Das beschloss die Kirchenleitung am 14. Juli. Alle anderen Kirchenbücher sind ab dem Zeitpunkt dann nicht mehr „rechtsverbindlich“.Speziell für die Nutzung in der EKBO wurden in der Software Funktionen für das Meldewesen angepasst. Daraus enstand KirA 2.0, schlicht „Kirchlicher Arbeitsplatz 2.0“. Das Programm löst das bisherige „KirA classik“ ab. Es enthält zudem Module, um das Gemeindekirchgeld und Statistik zu erfassen. Daten für Amtshandlungen werden künftig also nicht mehr per Papier an die Kirchlichen Verwaltungsämter (KVA)?gesendet, ins Meldewesen-Programm eingepflegt und elektronisch an die Kommune weitergeleitet, sondern von den Kirchengemeinden und zwar direkt, elektronisch per Knopfdruck.
So etwa geht es: Meldet ein Elternpaar sein Kind zur Taufe an, zieht sich die Kirchenbuchverantwortliche die Infos zu den Eltern aus der Datenbank für das Meldewesen. Nun trägt sie die Anmeldung ein. Ist die Taufe vollzogen, drückt sie auf „buchen“ – das Ereignis ist gespeichert. Die Daten über die neu begründete Kirchenzugehörigkeit gehen automatisch zur Kommune. Um die Taufurkunde auszustellen, greift die Küsterin auf Namen, Geburtsdatum und Wohnort des Kindes aus KirA 2.0. zu. Warum elektronisch? Alles andere sei nicht mehr zeitgemäß, meint Jörg-Ulrich Heine. „Viele Menschen wohnen nicht mehr lebenslang an einem Ort“, sagt er. „Wie von einer Krankenkasse erwarten sie von uns als Kirche, dass wir ihre Daten auf Knopfdruck beisammen haben.“ Nicht jeder wisse, wo er getauft ist. Aber nur dort, am Taufort, steht der Eintrag im Kirchenbuch. Kommt mehr Arbeit auf die Gemeinden zu? „Eher eine Arbeitserleichterung“, so Heine. Die EKBO empfiehlt Gemeinden, bei den elektronischen Kirchenbüchern mit anderen Gemeinden zu kooperieren, zum Beispiel in einem Pfarrsprengel. Auch in der EKD arbeitet eine Kommission daran, Personendaten, etwa bei Umzug, an die neue Landeskirche weitergeben zu können. Zieht jemand aus der EKBO nach Bayern, ist er nämlich – kirchlich – ein unbeschriebenes Blatt. Und in der Herkunftskirche werden alle Daten aus Datenschutzgründen nach 18 Monaten gelöscht. Gemeinden sollen nun Verantwortliche für das Meldewesen und die Kirchenbuchführung benennen. Die EKBO bietet ab 11. September kostenlose Schulungen in allen Regionen an. Ab Herbst können sich Kirchenkreise informieren lassen. Stefan Schlüter, der den Prozess extern begleitet hat, kommt auf Anfrage mit einer Power-Point-Präsentation in die Pfarrkonvente. Anfang nächsten Jahres wird eine Hotline geschaltet, die bei Fragen berät. Doch was ist mit Gemeinden in Regionen ohne stabiles Internet? Das braucht man für KirA 2.0. „Dort übernehmen Kirchliche Verwaltungsämter vorerst das Eintragen von Amtshandlungen – kostenfrei im Rahmen der Regelleistungen. Kirchengemeinden, in denen Internet verfügbar ist, die aber nicht mit KirA 2.0 arbeiten wollen oder können, können die Aufgabe auch einem KVA übertragen, dann allerdings gegen eine Gebühr“, erläutert Jörg-Ulrich Heine. Gegen das neue Verfahren regt sich auch Skepsis. Ein System wie die Kirchenbücher, das über Jahrhunderte gut funktionierte, legt man nicht einfach so ab, sagt Pfarrerin Christa Zepke aus der Kirchengemeinde Schwedt. „Etwas Handfestes ist einfach besser.“ Weil sie erst ausprobieren möchten, ob die neue Technik zuverlässig funktioniert, hat die Kirchengemeinde Vierraden, die zu Schwedt gehört, beschlossen dass fünf Jahre parallel weiter handschriftlich eingetragen werden sollen. Das elektronische Buch hält aber selbstverständlich auch hier Einzug.
Info zu den Schulungen: meldewesen.ekbo.de, über das zuständige KVA oder die Superintendentur