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SZ räumt mangelnde Distanz in Berichterstattung zu Jens Söring ein

Der Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), Wolfgang Krach, räumt im Fall des verurteilten Doppelmörders Jens Söring mangelnde Distanz der Reporterin Katrin Steinberger ein. Im Medienmagazin „Zapp“ des Norddeutschen Rundfunks, das am Mittwochabend ausgestrahlt werden sollte, bittet er die Leserinnen und Leser um Entschuldigung. Personelle Konsequenzen kündigte Krach nicht an, wie es bei „Zapp“ hieß.

Die SZ-Reporterin und heutige Leiterin der „Seite 3“, Karin Steinberger, hatte den Angaben zufolge den in den USA für den Mord an den Eltern seiner damaligen Freundin verurteilten Söring über zwölf Jahre bis zu seiner Freilassung im Dezember 2019 begleitet und mehr als ein Dutzend Artikel über seinen Fall geschrieben. Wie aus E-Mails hervorgeht, die dem NDR vorliegen, stand Steinberger in engem Austausch mit Unterstützern aus dem sogenannten „Freundeskreis“ Sörings. Sie beriet diese bei der Formulierung von Leserbriefen als Reaktion auf Presseberichte, die sich kritisch mit Sörings Unschuldserzählung und Steinbergers eigener Berichterstattung in der SZ auseinandersetzten. Steinberger sagte in „Zapp“, dass die Mails ein Fehler gewesen seien und entschuldigte sich auch.

Der NDR habe die Geschichte Sörings und die Rolle der Medien in seinem Kampf um Freiheit und Rehabilitation jüngst in einem Dreiteiler mit dem Titel „Mord. Macht. Medien“ kritisch nachgezeichnet, hieß es weiter. Beide Sendungen waren am 31. Oktober in die ARD Mediathek eingestellt worden. In ihnen soll es auch um die herausgehobene Bedeutung der SZ-Journalistin Steinberger für die öffentliche Wahrnehmung des Falls in Deutschland und Sörings Narrativ als Justizopfer gehen.

Der NDR hatte Steinberger und die Chefredaktion der SZ vor der Ausstrahlung in der ARD Mediathek mit dem Inhalt der E-Mails konfrontiert. Für ein Interview stand Steinberger zu dem Zeitpunkt nicht zur Verfügung. Die SZ-Chefredaktion erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme zunächst lediglich, die E-Mails seien ihr nicht bekannt.

Nach der Veröffentlichung von „Mord. Macht. Medien“ und „Zapp“ gab es laut einem Bericht des Online-Magazins „Übermedien“ eine kritische Auseinandersetzung innerhalb der SZ-Redaktion über das Verhalten Steinbergers und den öffentlichen Umgang der Chefredaktion mit der Kritik.