Niedrigere Lebenswartung und größeres Risiko für einen Schulabbruch – das sind Dinge, die wahrscheinlicher sind, wenn man etwa im Osten des Landes aufwächst, so eine neue Studie. Im Süden sieht es anders aus.
In welcher Gegend man als Kind aufwächst, das ist nach einer neuen Untersuchung entscheidend für den weiteren Lebensweg. “Die Unterschiede sind teils gravierend”, erklärte Claudia Härterich vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung bei der Vorstellung einer Publikation zur Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am Montag in Berlin.
Bei den Städten zählt demnach etwa Berlin zu den Städten mit den größten Teilhabehürden, in München sieht es deutlich besser aus, Hamburg und Köln sortieren sich in der Mitte ein. In den ländlichen Gegenden ist es ebenso der Süden, der Kindern und Jugendlichen die meiste Teilhabe ermöglicht.
So ist in den wirtschaftsstarken Regionen Süddeutschlands zum Beispiel die Lebenserwartung von Kindern und Jugendlichen besonders hoch. In den wirtschaftlich schwächeren Regionen im Osten haben Kinder und Jugendliche hingegen weniger gute Aussichten auf ein sehr langes Leben.
Auch in Sachen Bildung gibt es große regionale Unterschiede: Seit 2010 beenden demnach jedes Jahr rund 50.000 Schülerinnen und Schüler in Deutschland ihre Schullaufbahn ohne einen Abschluss. Im äußersten Norden und in den ostdeutschen Bundesländern lag der Anteil der Schulabbrecher 2022 dabei laut Angaben vielerorts bei zehn bis 15 Prozent. Besonders niedrig ist der Anteil der Schulabbrecher dagegen in weiten Teilen Bayerns. Hier waren es 2022 in vielen Gegenden nur zwischen drei und sechs Prozent.
Auffällig sind auch die Unterschiede bei der Kinderarmut: Während in städtischen Regionen wie etwa in manchen Gegenden im Ruhrgebiet 20 bis 30 Prozent der Kinder in Armut aufwüchsen, liege der Anteil in wirtschaftlich starken, ländlichen Regionen Süddeutschlands bei unter vier Prozent, hieß es.
Dabei treten laut Angaben eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten selten isoliert auf: “In Regionen mit hoher Kinderarmut sind häufig auch die Schulabbruchquote und die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch”, sagte Manuel Slupina von der Wüstenrot Stiftung.
Gleichzeitig gibt es eine große Zahl an Ausbildungsplätzen: Ob in der Stadt oder auf dem Land, an der Ostsee oder an der Grenze zur Schweiz: Nur in neun Prozent der Kreise und kreisfreien Städte in der Bundesrepublik gab es 2021 weniger freie Plätze als Ausbildungswillige, so die Autoren.
Für die Publikation “Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche – Wie sich ihre Lebensverhältnisse in Deutschland unterscheiden und was ihnen wichtig ist” analysierten die Autoren Daten der 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Zu den untersuchten Indikatoren zählten neben Armut und Schulabbruchquote auch Lebenserwartung, die Erreichbarkeit von Bushaltestellen, Grundschulen und Kinderarztpraxen.
Zudem befragten sie 222 junge Menschen unter 25 Jahren sowie Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendarbeit. Sie besuchten dafür Orte, in denen die Teilhabemöglichkeiten von jungen Menschen statistisch gesehen unterschiedlich sind, darunter Ingolstadt, Weimar, Wuppertal und den Neckar-Odenwald-Kreis.