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Studie: Bereits mit einem Jahr speichern Kinder Erinnerungen

Was man vor dem Alter von drei Jahren erlebt hat, wissen die meisten nicht mehr. Woher kommt diese Gedächtnislücke? Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass Kinder bereits mit einem Jahr Erinnerungen speichern können.

Kinder können möglicherweise bereits mit einem Jahr autobiografische Erinnerungen speichern. Das ist das Ergebnis einer jetzt im Fachjournal “Science” veröffentlichten Studie eines amerikanischen Forscherteams, auf die das Science Media Center hinweist. Die Ergebnisse sprächen dafür, dass die dafür bestimmte Hirnregion schon ab dem Alter von einem Jahr erlebte Erinnerungen speichern kann.

Der genaue Grund dafür, warum sehr frühe Kindheitserlebnisse nicht erinnert werden, ist demnach bisher unklar – etwa, ob es am Speichern der Erinnerung liegt oder an späteren Prozessen wie dem Abrufen. Um dies zu klären, untersuchten Forscher und Forscherinnen 26 Kinder im Alter von vier bis 25 Monaten; eine Hälfte war jünger und die andere Hälfte älter als ein Jahr. Durch funktionelle Magnetresonanztomographie konnten sie die Hirnaktivitäten der Kinder darstellen.

Während der Untersuchung zeigten sie ihnen mehrere Bilder in Folge. Nach durchschnittlich einer Minute wurden in einem nachfolgenden Test Bilderpaare gezeigt: ein bereits gezeigtes und ein neues. Wenn die Kinder dem alten Bild mehr Aufmerksamkeit schenkten, war dies ein Indikator für ein Erinnern.

Bei Kindern, die sich an Bilder erinnerten, zeigte der Hippocampus – die für das episodenhafte Erinnern zuständige Hirnregion – beim allerersten Sehen eines dann später erinnerten Bildes eine verstärkte Aktivität; bei Bildern, die vergessen wurden, war das nicht so. Diese Aktivität trat demnach nur bei Kindern auf, die über ein Jahr alt waren.

Die Forschenden schließen aus ihren Ergebnissen, dass das Speichern durch den Hippocampus ab ungefähr einem Jahr möglich sei. Die Gründe für kindliche Vergesslichkeit müssten folglich nicht beim Abspeichern, sondern bei nachfolgenden Gedächtnisprozessen liegen. Die Befunde “lösen aber nicht das Rätsel, warum diese frühkindlichen Ereignisse – nachdem sie enkodiert wurden – aus dem episodischen Gedächtnis wieder verschwinden”, so Jan Born, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Zudem sei die Zahl von nur 13 Kindern im Alter von einem bis zwei Jahren, bei denen die fragliche Hippocampusaktivierung gefunden wurde, letztlich zu klein, um wirklich gesicherte Aussagen treffen zu können.

Dennoch unterstrichen die Befunde der Studie “ganz besonders, wie wichtig es ist, jedwede traumatische Erfahrung von Kindern fernzuhalten. Denn das kindliche Gehirn nimmt solche Erfahrungen sehr wohl auf und diese Erfahrungen wirken dann ein Leben lang”, so Born.