Der erste internationale Prozess wegen Kriegsverbrechen in der sudanesischen Region Darfur geht zu Ende. Am Freitag fanden die letzten Abschlussplädoyers im Verfahren gegen den mutmaßlichen Rebellenführer Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag statt. Er ist in 31 Punkten angeklagt, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in den frühen 2000er Jahren. Ihm werden Mord, Vergewaltigung, Folter, Plünderung und Angriffe auf die Zivilbevölkerung vorgeworfen. Das Urteil steht nun aus.
Die Verteidigung argumentierte am Freitag, die schrecklichen Verbrechen hätten zwar stattgefunden, könnten allerdings nicht mit dem Angeklagten in Verbindung gebracht werden. Abd-Al-Rahman sei nicht Ali Kushayb, dem die Verbrechen angelastet werden. Er werde als Sündenbock geopfert.
Der Angeklagte sagte, er habe in dem Video, mit dem er sich 2020 gestellt hatte, nur gesagt, er sei Ali Kushayb, weil das Gericht ihn sonst nicht angehört hätte und er um sein Leben gefürchtet habe. Er sei nicht Teil der Dschandschawid-Milizen gewesen, geschweige denn ein Anführer.
Anfang der 2000er Jahre begann die nicht-arabische Bevölkerung in der westlichen Region Darfur gegen die Diskriminierung zu protestieren, die von der überwiegend arabischstämmigen Bevölkerung ausging. Der Protest wurde brutal von den mit dem damaligen Diktator Omar al-Baschir verbündeten Dschandschwid-Milizen niedergeschlagen. Aus den Milizen sind die heutigen „Rapid Support Forces“ (RSF) entstanden, deren 2023 eskalierter Machtkampf mit der Armee derzeit eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit verursacht.
Nach Einschätzung des ICC-Chefanklägers Karim Khan zeigen die Beweise deutlich, dass der Angeklagte Mitglied der Dschandschawid war. Der Prozess gegen Abd-Al-Rahman sei ein wichtiger Schritt, um gegen die Straflosigkeit vorzugehen, deretwegen die Verbrechen in Darfur unangefochten fortgesetzt werden konnten. Auch die Opfer hoffen laut deren Anwältin Natalie Wistinghausen auf überfällige Gerechtigkeit.
Neben Abd-Al-Rahman sind drei weitere Sudanesen wegen Kriegsverbrechen in Darfur angeklagt. Einer von ihnen ist der 2019 gestürzte Al-Baschir, der im Sudan inhaftiert ist. Während der erste Darfur-Prozess zu Ende geht, sammelt der Internationale Strafgerichthofe bereits Beweise für Kriegsverbrechen durch die Armee und die RSF im aktuellen Krieg.