Der Konflikt um die rohstoffreiche Region Essequibo zwischen Venezuela und Guyana schwelt seit mehr als 100 Jahren. Mehrere Versuche zur Beilegung scheiterten. Das Gebiet, das etwa so groß ist wie Tunesien, gehört nach einem internationalen Schiedsspruch von 1899, den die USA und Großbritannien veranlasst hatten, zum heutigen guyanischen Staatsgebiet. Venezuela erkennt den Schiedsspruch jedoch nicht an.
Der Essequibo, benannt nach dem gleichnamigen Fluss, der durch das Gebiet fließt, befindet sich zu zwei Dritteln auf dem Staatsgebiet der ehemaligen britischen und niederländischen Kolonie Guyana. 125.000 der insgesamt 800.000 Einwohner Guyanas leben dort. Die Hauptstadt Georgetown liegt östlich davon. Die Region ist reich an Gold, Diamanten, Holz und anderen natürlichen Ressourcen.
Guyana erreichte die Unabhängigkeit von Großbritannien 1966. Im selben Jahr vereinbarten Großbritannien und Venezuela die Einsetzung einer Schiedskommission, um den Grenzkonflikt beizulegen. Nach vierjährigen ergebnislosen Verhandlungen wurde die Kommission aufgelöst. 1982 erneuerte Venezuela seine Gebietsansprüche und brachte dies vor den Vereinten Nationen vor.
2015 verschärfte sich der Konflikt, als vor der Küste von Essequibo große Erdöl-Vorkommen entdeckt wurden. Die venezolanische Regierung behauptete, Guyana habe keine Zuständigkeit für die Vergabe von Konzessionen in den Seegebieten. Daraufhin reichte Guyana 2018 eine Klage beim Internationalen Gerichtshof ein, um den Schiedsspruch von 1899 von den UN-Richtern bestätigen zu lassen. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Im vergangenen Jahr wurde der Fall von Guyana erneut vor das UN-Gericht gebracht, weil die venezolanische Regierung von Präsident Nicolás Maduro ein Referendum abhielt, welches über die Zukunft der Essequibo-Region entscheiden sollte. Nach offiziellen Angaben stimmten 96 Prozent der teilnehmenden Venezolanerinnen und Venezolaner dafür, dass Essequibo zu Venezuela gehört.