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Stehender Applaus und Mahnungen für mehr Demokratie und Kunst

Unter stehendem Applaus haben die Filmemacherin Steffi Niederzol und die iranische Schauspielerin und Aktivistin Shole Pakravan am Samstagabend in Nürnberg den Deutschen Menschenrechtsfilmpreis in der Kategorie Langfilm entgegengenommen. Der Dokumentarfilm „Sieben Winter in Teheran“ berichtet über Reyhaneh Jabbari, die einen Mann, der sie vergewaltigen will, in Notwehr ersticht. Die Frau wird wegen Mordes zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihr Kampf für die Rechte der Frauen spiegele den Kampf so vieler Frauen wider, nicht nur im Iran, urteilte die Jury. Steffi Niederzoll gelinge es meisterhaft, „eine Unmittelbarkeit der Schilderung herzustellen, die niemanden unberührt lässt“.

Eindringlich berichtete Shole Pakravan, Reyhaneh Jabbaris Mutter, auf Englisch von dem Gefühl, wenn das eigene Kind im Todestrakt sitzt. „Schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich vor, Ihre Tochter, Ihr Sohn, Ihr Bruder oder Ihre Schwester ist im Gefängnis“, sagte sie zu den Zuschauern. „Stellen Sie sich vor, Sie müssen sich für immer verabschieden. Was würden Sie wollen, dass andere Menschen für Sie tun?“ Sie bat darum, die Augen nicht vor Menschenrechtsverletzungen zu verschließen. „Wir müssen gemeinsam gegen Hinrichtungen und Folter im Iran und in jedem Winkel dieser Welt kämpfen“, sagte Pakravan.

Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) appellierte in seinem Grußwort vor 500 Menschen in der Tafelhalle an alle, sich jeden Tag für die Werte der Demokratie einzusetzen. Die diesjährige künstlerische Patin, Schauspielerin Katja Riemann, sagte per Videostream, sie beobachte bei ihren Reisen gerade in den letzten Jahren, dass „sich viele Dinge zurückentwickeln“. Sie forderte die Menschen auf, gegen Kürzungen im Kultur- und Filmbereich zu protestieren. Kunst sei auch ein Instrument, um Gesellschaft zu reflektieren.

Den Preis in der Kategorie Kurzfilm erhielt Mario Pfeifer für seine Dokumentation „Zelle 5 – Eine Rekonstruktion“. Er behandelt den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh 2005 in einer Arrestzelle in Dessau. „Wenn Ungerechtigkeit im Raum steht, setzen wir künstlerische Mittel ein, um der Wahrheit ein Stück näherzukommen“, erklärte Pfeifer seine Motivation für den Film. Er hoffe, dass die Dokumentation „ein Wachrüttler ist, dass jeder vor dem Gesetz gleich sein muss“.

In der Kategorie Bildung wurde der Film „Fünfzehn Minuten“ von Sejad Ademaj ausgezeichnet. Der Gewinner-Film in der Kategorie Magazin ist „Migrationskrise? Eine Gemeinde zeigt, wie es geht“ von Julius Baumeister und Herbert Kordes. Lilith Kugler erhielt für ihren Streifen „Hausnummer Null“ den Hochschulpreis. „Alles gehört zu dir“ von Hien Nguyen und Mani Pham Bui gewann den Preis in der Kategorie Non Professional.

Der Menschenrechtsfilmpreis entstand 1995 unter der Federführung der Evangelischen Medienzentrale Bayern als ein einmalig geplanter Videowettbewerb für Jugendvideogruppen, Schulklassen und Einzelpersonen. Der Preis wird in sechs Kategorien verliehen und ist mit jeweils 2.500 Euro dotiert.