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Stadtbibliothek Hannover gibt von Nazis geraubte Broschüre zurück

Die Stadtbibliothek Hannover hat eine Broschüre, die Nationalsozialisten aus dem Besitz der jüdischen Buchhändlerin Marta Galley (geb. Baruch) konfisziert hatten, an einen Verwandten der Betroffenen zurückgegeben. Die Übergabe erfolgte am 24. August an einen eigens aus den Niederlanden angereisten Großneffen Galleys, wie die Bibliothek am Mittwoch mitteilte. Im Rahmen der sogenannten Provenienzforschung sucht die Stadtbibliothek seit 2017 in ihren Beständen nach NS-Raubgut.

Die Stadtbibliothek hatte die von dem Sozialisten, Philosophen und Mathematiker Leonard Nelson (1882-1927) verfasste Broschüre 1946 den Angaben zufolge aus dem Archiv des NSDAP-Gaus Südhannover-Braunschweig übernommen. Der Titel der Publikation lautet: „Vom Bildungswahn. Ein Wort an die proletarische Jugend. Rede, gehalten vor den Jungsozialisten in Hannover am 20. Mai 1922“. In dem Heft habe sich das Autogramm „Marta Baruch“ gefunden. Aufgrund eines Schriftvergleichs mit einem handgeschriebenen Brief Marta Galleys, geb. Baruch, aus dem Jahr 1939 habe sie als Eigentümerin der Broschüre identifiziert werden können.

Marta Baruch wurde 1907 in Göttingen geboren. Vor den Nationalsozialisten flüchtete sie mit ihrer Familie 1933 in die Niederlande. Während die Eltern und eine Schwester im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde, gelang Marta gemeinsam mit ihrem Ehemann Horst Galley und ihrem Sohn die Flucht in die USA. Dort starb sie 1959 durch Suizid.

„Die Provenienzforschung in den Bibliotheken leistet einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur“, sagte Hannovers Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf. „Daher freuen wir uns, ein wichtiges Stück Erinnerung an Marta Galleys Familie zurückgeben zu können.“ Außer Bibliotheken suchen derzeit unter anderem auch deutsche Universitäten nach NS-Raubgut.