DORTMUND – Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL), Repräsentantin von 4900 evangelischen Sozialeinrichtungen, steht vor einschneidenden Veränderungen. Am Ende des Prozesses im Jahr 2020 soll ein organisatorisch deutlich gestraffter wie inhaltlich stärker an den Bedarfen seiner Mitglieder neu ausgerichteter Spitzenverband stehen. Näheres zu den Plänen erläuterte der Vorstand der Diakonie RWL bei einer Regionalkonferenz des Verbands im Mai in Dortmund.
Die Wettbewerbssituation auf dem Sozialmarkt mit den veränderten Anforderungen der Mitglieder an ihren Spitzenverband und insbesondere die schwierigen Refinanzierungsbedingungen nannte Vorstandssprecher Uwe Becker als die Hauptgründe für den nötigen strategischen Umbau. „Eine Alternative dazu gibt es nicht“, sagte Becker. Er verwies auf die „seit geraumer Zeit angespannte finanzielle Lage“ des Spitzenverbands.
Der Diakonievorstand veranschaulichte die Situation am Beispiel des Haushaltsvolumens von rund 14 Millionen Euro im Jahr 2013. Der Betrag setzt sich nach seinen Ausführungen zusammen aus Mitgliedsbeiträgen (4,7 Millionen Euro), Lotterieeinnahmen (4,4 Millionen Euro), staatlichen Zuwendungen des Landes Nordrhein-Westfalen (1,3 Millionen Euro) und anderen Mitteln (3,8 Millionen Euro). Andere Mittel sind zum einen über die Umlage finanzierte Landeskirchenbeiträge (2,9 Millionen Euro) sowie zum anderen Sammlungsmittel in den Kirchengemeinden (0,9 Millionen Euro).
Der Vorstand rechnet mit einem dauerhaften Rückgang der staatlichen Zuwendungen. Diese in regelmäßigen Abständen mit dem Land neu zu verhandelnde „Globaldotation“ betrug 2013 für die Diakonie 1,3 Millionen Euro. „Mit ihrem kompletten Ausfall muss auf einer zurzeit noch unbekannten Zeitschiene gerechnet werden“, hieß es dazu.
Anlass zu der Befürchtung gibt der Rückgang der Landeszuwendungen für die Freie Wohlfahrtspflege insgesamt, zu der auch die kirchlichen Sozialverbände zählen, die sich von 13,4 Millionen Euro im Jahr 2004 auf inzwischen nur noch 6,1 Millionen Euro mehr als halbiert haben. Rückläufig entwickeln sich zudem die Erträge aus den Diakonie-Sammlungen. „Sie sinken in den letzten Jahren kontinuierlich“, sagte Becker. Dabei machten seine Ausführungen deutlich, dass eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum Chancen hat, um wenigstens Teile der Defizite auszugleichen.
Nicht in Frage im Zuge des Reformprozesses steht nach Vorstandsaussagen die bisherige Dreigliedrigkeit als Mitgliederverband, kirchliches Werk und Spitzenverband. „Aber unterhalb dieser Ebene muss die Leistungserbringung passgenauer und flexibler sein“, sagte Becker. So soll, anders als jetzt, in Zukunft jeder Referent für mehrere Bereiche zuständig sein. Strukturell und personell gestrafft werden sollen auch der Verwaltungsbereich, Gremien und Fachverbände. Verändert aufgestellt werden sollen zudem die einzelnen Geschäftsbereiche und aufgebrochen werden soll das starre Abteilungssytem.
„Gebraucht werden vernetzte Strukturen“, sagte Vorstandsmitglied Christian Heine-Göttelmann. Um etwa die Beratungsarbeit für die Mitglieder zu stärken, soll laut Thomas Oelkers, juristischer Vorstand der Diakonie RWL, am 1. September ein Beratungszentrum entstehen. Entstehen soll zudem auch ein Geschäftsbereich, der die juristischen Kompetenzen bündelt.
Es sind dies notwendige Zwischenschritte, wie die Regionalkonferenz in Dortmund zeigte, auf dem Weg hin zur vollständigen Verschmelzung der diakonischen Werke der drei NRW-Landeskirchen zu einer Einheit. Ob es damit am Ende auch zu nur noch einem gemeinsamen Standort – bisher Düsseldorf und Münster – kommt, unter anderem darüber werden die nächsten Landessynoden zu befinden haben.
Die Sinnhaftigkeit einer solchen Fusion betronte Becker: „Es geht darum, als Spitzenverband zu einer einheitlichen Stimme zu kommen.“ Eine, die insbesondere auf politischer Seite wieder mehr Gehör findet, erläuterte Heine-Göttelmann. „Wir befinden uns in einem politischen Fahrwasser, wo die Freie Wohlfahrtspflege eher als Innovationshemmer gesehen wird“, sagte der theologische Vorstand der Diakonie RWL. Um dem entgegenzuwirken, werde man verstärkt das Gespräch mit dem katholischen Sozialverband Caritas suchen und das Düsseldorfer Büro einbeziehen, das die Interessen der NRW-Landeskirchen gegenüber der Landesregierung vertritt, kündigte Heine-Göttelmann an.