“Monster Hunter Wilds” versetzt weltweit Millionen Spieler ins Jagdfieber. Die Reihe wird dieses Jahr 20 Jahre alt. In der Kurzkritik: “Civilization 7”.
Fast unglaublich, aber wahr: Vor zwei Jahrzehnten steckten Online-Spiele noch in den Kinderschuhen, “World of Warcraft” war allenfalls ein Geheimtipp. Mit “Monster Hunter” für die PlayStation 2 startete ein japanisches Studio damals ein Experiment, das mittlerweile zu einem weltweiten Phänomen geworden ist. Mehrere “Jäger” ziehen in einer Art Fantasy-Steinzeit gemeinsam los, um riesige drachenartige Wesen zur Strecke zu bringen.
Dass Drachentöter auch in der abendländischen Kultur eine lange Tradition haben, mag mit dazu beigetragen haben, dass “Monster Hunter” weit über die Grenzen Japans hinaus bekannt wurde. Zudem haben sich die Entwickler bemüht, “dass man auch als weniger erfahrener Spieler an der Jagd teilnehmen kann, alle zusammenarbeiten und sich gegenseitig auf die jeweils passende Weise unterstützen können”, wie Produzent Ryozo Tsujimoto erklärt. Der neueste Ableger, der gerade erschienen ist, heißt “Monster Hunter Wilds”. Die Spielwelt ist mittlerweile so riesig, dass man sie nun mit Reittieren, Skeirets genannt, durchmisst, und dabei ein Zelt im Gepäck hat, damit man sich in der Wildnis ausruhen und neu ausrüsten kann.
Solospieler können einer viele Stunden dauernden, filmreifen Story folgen, bei der man auf die Jagd nach dem sagenumwobenen “Weißen Geist” geht. Beeindruckend ist der detailverliebte Naturalismus. Zum Beispiel das Biom “Wald”: Überall sprießt, wabert und flirrt es, fast glaubt man, die feuchte Urwaldluft riechen zu können. Es lohnt sich, diese Opulenz einmal mit dem ersten “Monster Hunter” zu vergleichen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich die Rechenleistung von Konsolen und PCs entwickelt hat.
Aber natürlich sind die Monster die eigentlichen Stars. Unglaublich, welche Kreativität die Entwickler bei deren Gestaltung entfesseln, sowohl was die äußere Erscheinung als auch was das Verhalten betrifft. Die Besonderheiten jedes Gegners wollen genau studiert werden, wenn man im Kampf eine Chance haben will. Zu alten Bekannten wie dem spinnenartigen Nerscylla, das einen vergiftet und mit Spinnenfäden bewegungsunfähig macht, gesellen sich spektakuläre Neuzugänge wie die fliegenden Hirabami, die sich mit ihrem Schwanz an der Umgebung festkrallen und Gegner mit Eisbomben überziehen. Japanisch-Skurriles steht neben Erhabenem wie dem Leviathan Uth Duna, der sich mit einem schillernden Schleier aus Flüssigkeit umgibt, um Angriffe abzuwehren.
Entscheidend ist, sich auf diese Kämpfe, die schon mal bis zu einer Stunde dauern können, gut vorzubereiten. So gestaltet man nicht nur das Aussehen seiner Spielfigur, sondern versieht sie mit den Waffen, die dem eigenen Spielstil am meisten entgegenkommen, verbessert mittels unterwegs gesammelter Materialien die Rüstung und verarbeitet Rohstoffe zu nützlichen Gegenständen, Nahrung und Heilmitteln. Zur Entspannung kann man zwischendurch angeln gehen, Kräuter und Pilze sammeln oder einfach mal aufs Geratewohl die Landschaft erkunden.
Wie schon die Vorgänger präsentiert sich “Monster Hunter Wilds” als Mikrokosmos, in dem man durchaus etwas fürs echte Leben lernen kann. “Die Verankerung in der Realität ist einer der Kernbestandteile der Serie, dem wir immer treu bleiben wollten”, so Ryozo Tsujimoto. “Wir versuchen, uns die Monster und die Umgebungen, in denen sie leben, als etwas vorzustellen, das in der realen Welt existieren könnte, und nicht als etwas, das völlig auf Fantasie basiert.” Dazu gehört die Lehre, dass man auch in ausweglos erscheinenden Situationen nie aufgeben sollte und es keine Aufgabe gibt, der man mit guter Vorbereitung und den richtigen Mitstreitern nicht gewachsen wäre.
Capcom
USK ab 12 Jahren; das Spiel ist sehr fordernd und mit einem kleinen Zeitbudget kaum zu bewältigen. Die Tatsache, dass Jagden selten unblutig ablaufen, wird relativiert durch das kollektive Erlebnis, sich den Herausforderungen mit anderen Mitspielern zu stellen.
ja
einstellbar
PC, PlayStation 5, Xbox Series
ab ca. 80 Euro
“Wild Hearts” (Electronic Arts, für Windows, PS5 und Xbox Series); für alle, die nicht die aktuellste Gaming-Hardware besitzen oder Geld sparen wollen, ist der Vorgänger “Monster Hunter World” für Windows, Xbox One und PS4 eine Alternative. Für Nintendo Switch gibt es den Ableger “Monster Hunter Rise”.
“Civilization” ist einer der absoluten Klassiker der Gaming-Historie. Seit dem Beginn der 90er-Jahre fesselt er Spieler mit dem immer gleichen Prinzip: Man startet auf einer anfangs komplett verborgenen, in sechseckige Felder unterteilten Karte und führt als Oberhaupt eines Volkes seine Untertanen von der Steinzeit in die Moderne. Im Verlauf der Jahrhunderte muss man nicht nur feindliche Nachbarn abwehren, sondern auch Wirtschaft, Technologie und Kultur weiterentwickeln.
Das Schöne daran ist, dass man mit vollkommen unterschiedlichen Konzepten gewinnen kann. Statt mit militärischer Stärke zu punkten, kann man Weltwunder bauen oder versuchen, die Gegenspieler durch Missionierung zu überzeugen. Auf diese Weise verbringt man Runde um Runde und Stunde um Stunde damit, an Strategien zu feilen und mit historischen Tatsachen zu experimentieren.
Eben letzteres Spielelement wurde mit der neuen Version deutlich intensiviert. So kann man Anführer und Völker nun frei kombinieren, also zum Beispiel Napoleon das Volk der Perser anführen lassen. Da beide ganz unterschiedliche Eigenschaften und Boni mitbringen, ergeben sich daraus unzählige Möglichkeiten, das Rennen der Zivilisationen für sich zu entscheiden. Wer will, kann versuchen, dabei nicht einen einzigen Schuss abzufeuern. Denn Diplomatie spielt eine gewichtige Rolle in “Civilization”. Eine weitere Neuerung ist, dass man nun mehrmals im Spiel das Volk und damit die komplette Ausrichtung wechseln kann. Bestimmte Errungenschaften lassen sich dabei übertragen, zuvor begangene Fehler wieder ausbügeln. Eine zwiespältige Entscheidung, die mehr Bewegung ins Spiel bringt, in gewisser Weise aber auch der Identifikation schadet. Eine Herausforderung ist es allemal, und noch nie hat ein Civilization so unverschämt gut ausgesehen.