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Spaziergang mit Hund

Zwei Pfarrerinnen bieten Seelsorgespaziergänge an: ohne Hund, mit Hund – oder auch mit zwei

Die eine ist vor allem mit Jugendlichen unterwegs, die andere mit Erwachsenen. Die Pfarrerinnen Katrin Berger und Nele Kaiser bieten Seelsorgegespräche an – gerne bei einem Spaziergang und gerne auch mit Hund.

Es war im vergangenen Jahr. Katrin Berger, Pfarrerin der Jugendkirche Hamm, bemerkte, dass es einer Jugendlichen nicht gut ging. Aber: Es war Lockdown, ein Treffen nicht so ohne Weiteres möglich. „Ich habe dann eine Nachricht geschickt und gefragt, ob sie nicht Lust hat, mit mir spazierenzugehen.“ Das hat geklappt und war gut.

Seit einigen Wochen bietet Ka­trin Berger über die sozialen Medien Spaziergänge an. „Das hat sich so entwickelt. Ich war immer wieder mal mit Leuten unterwegs, und so dachte ich, ich könnte das auch quasi offiziell anbieten.“ Allerdings stellt sie fest: Jugendliche ergreifen selten die Initiative. „Also gehe ich auf sie zu und biete es ihnen an. Einfach nur zu sagen, dass ich erreichbar bin, das genügt nicht.“

Der Hund sorgt für Leichtigkeit

Die meisten wollen den Hund dabei haben. „Perla bringt Humor rein. Und Leichtigkeit. Sie gibt dem Ganzen einen lockeren Rahmen.“ Perla, die Mischlingshündin, lässt sich gerne streicheln und mag Menschen. Katrin Berger machte eine Entdeckung, die sehr für das Spaziergangsangebot spricht: „Die Leute haben nicht das Gefühl, sie rauben mir die Zeit, da ich mit Perla ja ohnehin raus muss.“ Allerdings macht sie das auch nachdenklich. „Vielleicht signalisieren wir in der Kirche auch zu oft, dass wir so viel zu tun haben.“

In den Gesprächen sind die Themen bunt gemischt. „Aber Corona spielt immer mit, weil alles davon beeinflusst ist.“ Egal ob es um die Berufswahl geht, bei der das Praktikum wegen Corona ausfiel, oder um eine Beerdigung, die unter großen Einschränkungen begangen werden musste oder um Konflikte, die gerade in Familien vermehrt entstehen, weil durch Corona viel Struktur weggefallen ist.

Die Pfarrerin seufzt. „Es ist echt keine einfache Zeit für die Jugendlichen. Eigentlich wäre ich jetzt in Holland. Segeln mit den Konfis. Unser Teamtag mit Radtour musste auch ausfallen.“ Sie hofft auf eine „abgespeckte“ Version des Konfi-Camps im September. Ihre Spaziergänge wird sie weiter anbieten. Um die zehn Jugendliche und Ehrenamtliche haben ihr Angebot bereits gerne angenommen. „Mit einigen gehe ich öfter spazieren.“

Auch Nele Kaiser bietet Seelsorgespaziergänge mit Hund an. Kaiser ist Pfarrerin in der Gemeinde Milspe-Rüggeberg in Ennepetal und hat sich von Katrin Berger inspirieren lassen. „Ich habe das auf Facebook gesehen, und Katrin Berger hat mich ermutigt.“

Seit Anfang Mai bietet Nele Kaiser Spaziergänge mit ihrem Hund Aiko an. „Wir waren damit schon in der Zeitung, und in der Gemeinde haben wir es auch bekanntgegeben.“

Nele Kaiser war überrascht von den Reaktionen. „In der ersten Woche hatte ich gleich sechs Anfragen. Jetzt hat es sich auf im Schnitt zwei pro Woche eingependelt.“ Bei ihr melden sich meistens Frauen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. „Die Anliegen sind vielfältig. Einsamkeit ist ebenso ein Problem wie Konflikte zu Hause oder ganz andere Schwierigkeiten“, erzählt Nele Kaiser.

Sie bietet den Menschen an, dass sie ebenso ihren Hund mitnehmen können, falls sie einen haben. „Das wird gerne angenommen.“ Außerdem lässt sie sich Vorschläge machen, wo man sich trifft und welche Runde man geht. „Das hat für mich den netten Nebeneffekt, dass ich neue Ecken kennenlerne.“ Die Pfarrerin hat ihren Probedienst vor einem Jahr angetreten – mitten in der Corona-Zeit. „Für mich sind die Spaziergänge auch deswegen toll, weil ich so wenigstens Kontakt bekomme zu den Menschen aus der Gemeinde.“
Nele Kaiser mag Menschen. „Ich finde Seelsorge wichtig. Mir macht es Freude, Menschen zu begleiten“, sagt sie. „Oft hilft es ja schon, wenn jemand etwas loswerden kann. Allein dadurch kann sich der Blickwinkel ändern.“ Ihr Eindruck ist, dass sich Menschen viel leichter zu einem Spaziergang melden als zu einem Seelsorgegespräch. „Die Schwelle ist viel niedriger.“
Außerdem sieht sie im gemächlichen Dahingehen eine gute Art, nachzudenken. Für ihr Angebot hat sie ein Plakat entworfen. Darauf steht ein Spruch von Platon: „Man kann nicht denken, wenn man es eilig hat.“
„Das stimmt“, sagt Nele Kaiser. „Wenn man sich dagegen Zeit nimmt und durch die Natur spaziert, fließen die Gedanken.“