UK 37/2017, Sprache (Leitartikel Seite 1: „Locker bleiben“)
Auch ich habe dafür gestimmt, dass die Evangelische Kirche in Deutschland „Sprachpanscher des Jahres 2017“ geworden ist.
Ich habe den Eindruck, Sie haben das Anliegen des „Vereins Deutsche Sprache“ nicht verstanden. Es geht nicht um rückwärtsgewandte Deutschtümelei, sondern um die Benutzung der deutschen Sprache, wenn man das, was man sagen will, damit klar und deutlich ausdrücken kann. Auch eingedeutschte Wörter aus anderen Sprachfamilien sind deutsche Wörter.
Thomas Mann wollte aus Lokomotive „Dämpfling“ machen. Er stellte fest, dass derartige Versuche sinnlos sind.
Annette von Droste-Hülshoff schrieb an Nikolaus Lenau: „Mitnichten hat mich Schwermuth befallen; ich befinde mich in einem Zustande schwebender Melancholie“. Reich-Ranicki beklagte in einer Fernsehsendung – „Das literarische Quartett“ –, dass das schöne deutsche Wort „Melancholie“ aus dem Sprachgebrauch verschwunden sei. Er führte weiter aus, dass ihm kein angemessenes „urdeutsches“ Wort einfalle.
Noch etwas: In der Zeitung steht: Fußballfreunde können das Endspiel live durch „Public Viewing“ erleben. Es geht auch besser: Das Endspiel wird auf Großleinwand übertragen. Fußballfreunde können somit unmittelbar dabei sein. Eine meiner Schwiegertöchter ist US-Amerikanerin. Sie muss lachen, wenn sie „Public Viewing“ liest. Damit bezeichnet man in den Südstaaten eine öffentliche Leichenschau.
Also: Soviel Deutsch wie möglich, soviel Anglizismen wie nötig.
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