Der Runde Tisch „SHalom&Moin“ in Schleswig-Holstein hat den Kampf gegen Antisemitismus zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erklärt. Der Rechtsstaat sei gefordert, dem Hass gegen Jüdinnen und Juden mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Einhalt zu gebieten, heißt es in einer Erklärung, die die rund 20 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und jüdischen Verbänden nach einer Sitzung am Donnerstag in Kiel herausgaben.
„Antisemitismus findet an Hochschulen, auf der Straße, in Kitas und in der Schule statt. Da müssen wir gegen an“, sagte die Vorsitzende des Runden Tisches und Kieler Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU). Sie nannte drei Säulen, für die sich das Gremium einsetzen will: Neben der Antisemitismus-Bekämpfung seien das die Förderung und das Sichtbarmachen des jüdischen Lebens in der Gesellschaft. Viele Menschen würden Parolen von Social Media-Plattformen einfach ungefiltert weiter verbreiten. Bildungsarbeit in Hochschulen, Schulen und Gedenkstätten sei deshalb wichtig, sagte Herbst.
Der Antisemitismusbeauftragte des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, Walter J. Pannbacker, betonte, Antisemitismus sei Teil der europäischen Kultur. Gegenüber dem Judentum gebe es viele Vorurteile. „Oftmals wird Israel mit dem Judentum gleichgesetzt. Das ist falsch.“ Zudem werde Juden nachgesagt, dass sie besonders schlau seien oder eine Expertise bei Finanzgeschäften hätten. „Es gibt auch dumme Juden und ich etwa habe von Finanzmärkten überhaupt keine Ahnung“, erklärte Pannbacker.
Zugleich berichtete er von einer großen Welle der Solidarität, die jüdische Menschen in Schleswig-Holstein nach dem Hamas-Angriff erfahren hätten. „Wir fangen nicht bei Null an“, erklärte Pannbacker.
Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung Felix Klein, der ebenfalls an der Sitzung teilnahm, erklärte, Schleswig-Holstein sei im Kampf gegen Antisemitismus bereits gut aufgestellt. Der Leitfaden von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) für Lehrerinnen und Lehrern zum Umgang mit dem Hamas-Angriff auf Israel im Unterricht habe viele andere Bundesländer inspiriert.
Klein betonte, besonders die Westdeutschen hätten viel zu lange geglaubt, immun gegen Antisemitismus zu sein. „Inzwischen hat sich in der Bildungs- und Erinnerungskultur aber viel getan, am 30. November 2022 haben wir eine nationale Strategie gegen Antisemitismus beschlossen, mit der Deutschland systemischer auf Antisemitismus reagieren und auch Präventionsarbeit leisten kann“, so Klein. Dennoch sei der Kampf gegen Antisemitismus eine Daueraufgabe.
Der schleswig-holsteinische Antisemitismusbeauftragte und evangelische Altbischof Gerhard Ulrich warb dafür, nun herauszufinden, welche Maßnahmen im Rahmen dieser Strategie zu Schleswig-Holstein passen. „Die gesamte Zivilgesellschaft ist gefordert, wenn Jüdinnen und Juden heute wieder mit Angst durch unsere Straßen gehen.“ Es sei nötig, Menschen in allen Bereichen darin zu schulen, auf Antisemitismus zu achten und direkt zu widersprechen.