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Serie “Emily in Paris” verbindet Feinfühligkeit und Feel-Good

Netflix zeigt an sofort die vierte Staffel von “Emily in Paris”. Das Erfolgsrezept der Attraktivität von Schauplatz, Figuren und Liebeleien wird fortgesetzt und doch wird die Serie reifer.

Es wird doch nicht Kalkül sein? Kaum sind die magischen Olympischen Spiele in Paris zu Ende gegangen, da bringt der Streamingdienst Netflix “Emily in Paris” an den Start. Wiederum zehn Episoden a 30 Minuten, die ersten fünf Folgen gibt es ab dem 15. August zu sehen, die zweiten fünf werden vom 1. September an gestreamt. Das Splitten ist auch den Folgen des Autorenstreiks in Hollywood im vergangenen Jahr geschuldet.

Es ist die vierte Staffel der seit 2020 weltweit erfolgreichen Dramedyserie, die “Sex and the City”-Erfinder Darren Starr als leichtgewichtigere Version der New Yorker Erzählung etabliert hat.

Der Zuschauer, noch mehr die Zuschauerin, wird sich an den Hochzeits-Crash im Finale von Staffel drei erinnern: Camille (Camille Razat) und Gabriel (Lucas Bravo) wurden kein Paar, weil die selbstlose Braut sich und den anderen die wahre Zuneigung ihres Bräutigams zu Emily (Lily Collins) zu erkennen gegeben hatte.

Jetzt stehen die Protagonistinnen und Protagonisten wieder auf dem Nullpunkt. Emily hegt unverändert große Gefühle für Alfie (Lucien Laviscount), der bei aller Enttäuschung von Emily nicht lassen kann. Zzwischen ihr und Gabriel knistert es weiter, der freilich die Nachricht verdauen muss, dass seine Ex ein Kind erwartet. Und Camille liebt jetzt eine Frau, so viel Diversität darf schon sein.

Mindy (Ashley Park) und ihre Band bereiten sich auf den ESC vor, doch muss dringend erstmal Geld für die Vorbereitung aufgetrieben werden. Agenturchefin Sylvie (Philippine Leroy Beaulieu) muss ihre Ehe retten, während ihr Unternehmen mit Umstrukturierungen zu kämpfen hat. Liebeleien, Händeleien, mal mehr Drama, mal mehr Comedy, mal mehr Romantik – “Emily in Paris” bleibt seiner Erfolgsrezeptur treu.

Also fehlen die exquisiten Schauplätze so wenig wie die immer wieder neuen Outfits. Der Schauplatz Paris strahlt von der einen Ecke zur anderen, die polierte Inszenierung will nicht selber glänzen, sondern das Produkt glänzen lassen. Ob manche Szene vom Product Placement inspiriert ist? Der Juwelier Boucheron darf sich so unverschämt offen wie in einem Werbeclip präsentieren.

Das alles klingt nach Stillstand auf bewährtem Niveau nach der vierten Umrundung des Arc de Triomphe. Aber das Autorenteam um Darren Starr hat noch zwei Asse, sprich zwei Geheimnisse im Ärmel, die nicht nur die Hoffnungen von Emily und Gabriel auf einen Michelin-Stern für sein Restaurant gefährden.

Das muss so, das kann nicht anders sein. “Emily in Paris” hat den Culture Clash – Amerikanerin aus dem Mittleren Westen prallt auf französische Kultur und Lebensart (wo erstaunlich wenig gearbeitet wird) – hinter sich gelassen. “Französisch zu sein, steht Dir wirklich gut” heißt es da schon mal.

Die Serie muss jetzt mit eigenem Profil reüssieren. Zentralfigur Emily – und nicht nur sie – braucht und bekommt Exposition, Erweiterung, neue Kapitel im biografischen Entwurf. Die Figuren werden reifer, die Serie ein paar Grad ernsthafter, etwa wenn das Thema “MeToo” auch eine Rolle spielt.

Das Ensemble um Lily Collins lässt jedenfalls keine Ermüdung erkennen (gealtert wird in der Serie sowieso nicht). Es strahlen die Körper, es strahlen die Gefühle und die kleinen feinfühligen Momente. Gelitten und verzweifelt wird auch, doch in solcher Dosis, dass die Feel-Good-Intention keinen irreparablen Schaden nimmt. Ob “Bridgerton”, ob “Maxton Hall” oder “Emily in Paris”, bestimmte Menschen sind füreinander bestimmt, egal, welche Hindernisse sie auf dem Weg zueinander überwinden müssen.

Und das gelingt. Und wenn es nicht gelingt, sind da ja noch immer die Kreationen, die Schauplätze – und Emily in Paris. Das Märchen findet seine Fortsetzung und hat sein Ende bestimmt noch nicht gefunden.