Für zwei läuft ein Seligsprechungsverfahren; der dritte war zeitlebens für politische Wunder gut. Das vereinte Europa, dessen geistige Kraft neu gefragt ist, ruht auf den Schultern von Männern christlicher Überzeugung.
Die Existenz des Friedensnobelpreisträgers EU geht auf die Weitsicht christlich und humanistisch geprägter Politiker zurück. Vor allem drei Männer sind zu nennen, wenn es um die Vision eines vereinten Europa geht: der Italiener Alcide de Gasperi (1881-1954), der Deutsche Konrad Adenauer (1876-1967) und der Franzose Robert Schuman (1886-1963). Letzterem verlieh das EU-Parlament sogar den Ehrentitel “Vater Europas”.
Bereits in den 1920er Jahren, noch vor der traumatischen Erfahrung von Faschismus und Krieg, knüpften diese drei ein Netz von Kontakten mit christlich-demokratisch gesinnten Politikern aus ganz Europa. Diese Beziehungen sollten nach 1945 zur Keimzelle der europäischen Einigung werden.
Alle drei stammten aus politisch hin- und hergerissenen Grenzregionen: Adenauer aus dem Rheinland mit seinen separatistischen Tendenzen und französischer Besatzungsgeschichte. Der gebürtige Luxemburger Schuman, der sich in Elsass-Lothringen als Grenzgänger zwischen deutschem Heer und französischer Nationalversammlung niederließ. Und de Gasperi, der aus der Region Trient stammte, die als “Welsch-Tirol” zunächst zum Habsburgerreich gehörte und 1920 an Italien kam.
Alle drei wurden Juristen und bekleideten politische Ämter, die sie durch den Faschismus einbüßten. Alle drei gingen ins Gefängnis, in den Widerstand oder in die innere Emigration – bis 1945 ihre Stunde schlug. Als Adenauer, de Gasperi und Schuman nach dem Krieg steile politische Karrieren hinlegten, christdemokratische Parteien gründeten und Regierungen bildeten, kam ihnen ihre kompromisslose Haltung gegenüber den Diktaturen zupass.
Gemeinsam war ihnen die Skepsis gegenüber einer Überhöhung des Nationalen sowie eine Interpretation des 20. Jahrhunderts, die sich gleichermaßen gegen Diktatur, Liberalismus und Sozialismus richtete. Das Geschichtsbild eines gleichsam im Christentum geeinten Abendlandes lateinisch-karolingischer Prägung machte es den christlichen Demokraten der “Stunde Null” leichter, die Teilung Europas zu akzeptieren und sich ganz der Westintegration zu widmen.
Schuman, de Gasperi und Adenauer wurden auch als “Europas Heilige Dreifaltigkeit” bezeichnet: Heilige in Straßenanzügen. Sie standen für das übernationale Prinzip und für ein christliches Menschenbild – ohne sich in politischen Fragen von der Kirche vereinnahmen zu lassen.