In Damaskus und anderswo wird das Ende der Assad-Ära gefeiert. Außenministerin Baerbock warnt, Syrien dürfe jetzt nicht in die Hände “anderer Radikaler” fallen. Das Innenministerium blickt auf mögliche Fluchtbewegungen.
Die Bundesregierung hat mit Erleichterung, aber auch Warnungen vor einer ungewissen Zukunft auf die jüngsten Entwicklungen in Syrien reagiert. Das “Ende der Assad-Herrschaft” sei eine gute Nachricht, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag in Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einem “ersten großen Aufatmen” für Millionen Syrer. Zugleich betonte sie, das Land dürfe jetzt nicht in die Hände “anderer Radikaler fallen – egal in welchem Gewand”.
Scholz sagte, dass der langjährige syrische Machthaber Baschir al-Assad sein eigenes Volk auf brutale Weise unterdrückt, unzählige Leben auf dem Gewissen und zahlreiche Menschen zur Flucht aus Syrien getrieben habe, viele seien auch nach Deutschland gekommen. “Jetzt kommt es darauf an, dass in Syrien schnell Recht und Ordnung wieder hergestellt werden. Alle Religionsgemeinschaften, alle Minderheiten müssen jetzt und in Zukunft Schutz genießen.”
Das Innenministerium teilte den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit, dass die Bundesregierung die sich rasch verändernde Lage genau verfolge. “Ob sich aus dieser Lage Fluchtbewegungen in der Region oder aus der Region hinaus ergeben, ist zur Zeit noch nicht vorhersehbar.” Welche Auswirkungen die Lage auf die Möglichkeiten von syrischen Flüchtlingen zur Rückkehr haben werde, sei ebenfalls nicht vorhersehbar. In die Prüfung möglicher Abschiebungen würden die aktuellen Entwicklungen und die Erkenntnisse, die der Bundesregierung zur Sicherheitslage in Syrien vorliegen, einbezogen.
Am Wochenende waren Dschihadisten bis in die Hauptstadt Damaskus vorgerückt. Der Verbleib des mutmaßlich geflohenen langjährigen Machthabers Baschar al-Assad war zunächst unbekannt. Die islamistischen Rebellen waren seit Ende November in einer Offensive in dem Land vorgerückt. Am Sonntag gab es Medienberichte, wonach in Damaskus und anderswo Menschen auf den Straßen das Ende der Assad-Zeit feierten.
Die Konfliktparteien seien jetzt aufgerufen, ihrer Verantwortung für alle Syrerinnen und Syrer gerecht zu werden, betonte Baerbock. “Dazu gehört der umfassende Schutz von ethnischen und religiösen Minderheiten wie Kurden, Alawiten oder Christen und ein inklusiver politischer Prozess, der einen Ausgleich zwischen den Gruppen schafft.” Wenn die “zentralen Akteure von innen und außen” nun im Sinne der Menschen in Syrien handelten, könne der schwierige Weg zum Frieden beginnen.
“Auch die internationale Gemeinschaft ist jetzt gefragt, damit Syrien aus dem Kreislauf von Krieg und Gewalt endlich herauskommt”, erklärte die Ministerin. Dazu gebe es derzeit intensive Abstimmungen etwa mit den Vereinten Nationen, Partnern in der EU sowie den regionalen Akteuren und Nachbarn Syriens wie Türkei und Jordanien.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte der “Rheinischen Post” (Montag): “Heute ist ein Tag der vorsichtigen Hoffnung auf einen friedlichen Übergang, der allen Religionen und Ethnien gleiche Rechte sichert und der frei von Rachegedanken ist.” Dabei müsse auch eine “territoriale Integrität” gewahrt werden.