Ein “Marsch für das Leben” ist in Berlin schon Tradition: Er fand am Wochenende zum 19. Mal statt. In Köln hatte die gleichzeitig veranstaltete Demonstration gegen Abtreibung und aktive Sterbehilfe dagegen Premiere.
Mit einem “Marsch für das Leben” in Berlin und erstmals auch in Köln haben am Samstag nach Angaben des Veranstalters insgesamt mehr als 6.000 Menschen gegen Abtreibung und aktive Sterbehilfe demonstriert. In Berlin seien knapp 4.000 und in Köln rund 2.800 auf die Straße gegangen, erklärte der Bundesverband Lebensrecht (BVL), ein Zusammenschluss von 15 Vereinen und Initiativen, der beide Märsche organisierte. Nach Schätzung der Berliner Polizei waren es in der Hauptstadt rund 2.000. Die Kölner Polizei machte keine Angaben.
Laut BVL ist der jährliche Marsch die bundesweit größte Kundgebung für den Schutz des Lebens. Dagegen gab es in beiden Städten Protestveranstaltungen. Beim Demonstrationszug durch die Berliner Innenstadt konnte die Polizei Störversuche nach eigenen Angaben weitgehend verhindern. In Köln geriet der Marsch dagegen ins Stocken. Die Abschlusskundgebung auf dem Heumarkt konnte nicht stattfinden, weil Gegner den Platz besetzten.
In der Bundeshauptstadt forderte ein “Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung”, dem Grüne, Linkspartei und die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen angehören, eine unbeschränkte Freigabe von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese Kundgebung hatte nach Angaben des Bündnisses 1.000 Teilnehmende, nach Schätzung der Polizei waren es 400. Sie war mit 1.400 Beamtinnen und Beamten im Einsatz.
Beim Berliner Auftakt vor dem Brandenburger Tor begrüßte die BVL-Bundesvorsitzende Alexandra Maria Linder den Berliner Erzbischof Heiner Koch sowie Bischof Rudolf Voderholzer und Weihbischof Josef Graf, die aus Regensburg kamen. Unter den Teilnehmenden waren auch die Weihbischöfe Florian Wörner (Augsburg) und Matthias Heinrich (Berlin). Die Kundgebung wurde wie in den Vorjahren durch Sprechchöre, Trillerpfeifen und Trommeln von Gegnern gestört.
Beim Auftakt auf dem Kölner Heumarkt sprachen die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Susanne Wenzel, und der Vorsitzende des Vereins “Ärzte für das Leben”, Paul Cullen. Unter den Zuhörern war der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp. Wenzel forderte, anstelle einer Abschaffung des Paragrafen 218 seien mehr Hilfen und auch steuerliche Vergünstigungen für Familien notwendig.
Linder warf der Politik vor, sich für die steigenden Abtreibungszahlen nicht zu interessieren. Sie kritisierte, dass der Bundestag im vergangenen Jahr das “Werbeverbot” für Schwangerschaftsabbrüche, den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch, aufgehoben hatte. Zusammen mit den rückläufigen Beratungsmöglichkeiten für Schwangere sei dies “frauenfeindlich”, so die BVL-Bundesvorsitzende. Sie warnte auch vor Bestrebungen, Beihilfe zur Selbsttötung gesetzlich zu erlauben.
Der Direktor der Organisation “Schreeuw om Leven” (Schrei nach Leben), Arthur Alderliesten, sagte, in den Niederlanden spiele der gesetzlich festgeschriebene Schutz ungeborener Kinder “in der Abtreibungspraxis kaum eine Rolle”. Er rief dazu auf, sich für eine europaweite “Pro-Life-Bewegung” zu engagieren.
Der Gründer und Geschäftsführende Direktor der kanadischen “Euthanasie Prevention Coalition” (Koalition zur Euthanasie-Prävention), Alex Schadenberg, warnte mit Blick auf assistierten Suizid vor einer Entwicklung wie in seinem Land. Seit der Legalisierung werde eine solche Beihilfe nicht nur bei unerträglichem Leiden, sondern auch bei Einsamkeit oder Depressionen in Anspruch genommen.
Am Sonntag kündigte der BVL an, “angesichts des großen Erfolges und Zuspruchs” werde es am 21. September 2024 “wahrscheinlich erneut mindestens zwei Großveranstaltungen gleichzeitig geben”.