Es birgt herausragende Bestände von mittelalterlicher Kunst in Deutschland. Das Rottenburger Diözesanmuseum profitiert bei seinem anstehenden Umbau von einem Millionen-Erbe. Doch es schließt dafür für mehr als ein Jahr.
Religiöse Kunst aus dem Mittelalter? Wer sie einmal aus der Nähe gesehen hat – und nicht nur auf dem Smartphone – kann sich ihrer Faszination kaum einziehen. Doch dazu muss man erst einmal Menschen ins Museum bekommen und religiöse Kunst zeitgemäß präsentieren. Genau das hat sich das Diözesanmuseum in Rottenburg vorgenommen. Es wird deshalb nun für rund 1,2 Millionen Euro umgebaut. Und schließt daher in wenigen Wochen für ein gutes Jahr seine Türen. Das gaben Vertreter des Bistums Rottenburg-Stuttgart und des Museums nun bekannt.
Die Baumaßnahmen sind mit einer grundlegenden Neuaufstellung des Museums verbunden, sagte Weihbischof Gerhard Schneider. Das Museum soll ab August schließen und im Herbst 2025 wieder öffnen. Knapp eine Million der 1,2 Millionen Gesamtkosten kann über ein Erbe finanziert werden, wie Schneider sagte. Die übrigen rund 200.000 Euro seien diözesane Mittel.
Den Namen des Erblassers nennen die Museumsverantwortlichen nicht. Der Bürger aus dem Raum Tübingen-Rottenburg sei über Jahre hinweg regelmäßig bei Veranstaltungen im Diözesanmuseum gewesen. “Er war begeistert von der dynamischen Entwicklung des Museums und seines kulturellen und wissenschaftlichen Begleitprogramms”, sagte Schneider.
Das Museum ist architektonisch in die ehemalige Karmeliterkirche integriert. Seit der Eröffnung 1996 an diesem Standort sei das Museum “ein wichtiger Kulturort inmitten der Stadt Rottenburg, in dem über das Medium Kunst auf religiöse und gesellschaftliche Fragen eingegangen wird”, betonte der Weihbischof. Museumsleiterin Melanie Prange sagte, im Zuge der Neukonzeption werde die gesamte Sammlung des Museums auf drei Ebenen räumlich und inhaltlich neu präsentiert.
Ziel sei es, deutlich zu machen, “dass die vielfältigen Objekte des Museums sich mit den Kernthemen der menschlichen Existenz beschäftigen – wie Liebe, Hoffnung, Sterben, Trauer oder Tod”. In den vergangenen 30 Jahren hätten sich die Ansprüche an Museen stark verändert – hin zu “mehr eventorientierten Angeboten”. Man wolle mit niederschwelligen Angeboten neue Besuchergruppen gewinnen.
Das Museum wolle man nicht nur als Ort der Wissensvermittlung aufstellen, sondern auch als Erlebnis-, Gemeinschafts- und Gesprächsraum, sagte Prange. Bisher hat das Diözesanmuseum zwischen 6.000 und 7.000 Besucher pro Jahr. Ausnahmen seien Sonderausstellungen wie etwa jene 2019/2020 gezeigte Schau von Farbgrafiken des weltbekannten Surrealisten Salvador Dali zum Alten und Neuen Testament.
Der minimalistische und weite Raum des Museums strahlt bisher eine sehr kühle Atmosphäre aus. Er soll nun durch neue Farbgebung, Neuaufteilung von Stellwänden und mehr Sitzgruppen einladender werden und schon im Foyer “Überraschungsmomente” bereithalten, wie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Federica Viviani sagte.
Das Museum der Diözese Rottenburg-Stuttgart präsentiert eine große Auswahl spätmittelalterlicher Malerei und Skulptur, sakrale Schatzkunst und die größte Reliquienglas-Sammlung im deutschsprachigen Raum.
Doch dem Museum geht es nicht nur um die Vergangenheit. Es präsentiert auch bewusst zeitgenössische Kunst zwischen den mittelalterlichen Objekten. Etwa das Kunstwerk “Bedeutungsvoll” von Susanne Roewer aus dem Jahr 2021, das derzeit unter einer Kreuzigungsgruppe gezeigt wird: Eine Art Dornenkrone aus geschmiedetem Stahl umgibt eine blass-rötlich schimmernde Blase aus Glas.