Die Evangelische Kirche im Rheinland hat am Sonntag in Bonn ihre diesjährige Synodentagung begonnen, in der ein Umbau des kirchlichen Lebens und massive Einsparungen auf den Weg gebracht werden sollen. Hintergründe sind die stetig sinkenden Mitgliederzahlen und ein Haushaltsdefizit, das in der zweitgrößten deutschen Landeskirche mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern in den kommenden Jahren Ausgabenkürzungen von rund 33 Millionen Euro nötig macht. Erklärtes Ziel der bis Freitag dauernden Beratungen des Kirchenparlaments ist, die kirchliche Arbeit zukunftsorientiert auszurichten.
Zu den vorgeschlagenen Reformen gehört eine Umwandlung der Kirchlichen Hochschule Wuppertal (KiHO) in einen theologischen Bildungscampus. Dies soll zu deutlichen Einsparungen führen. Mehr als 50 Studierende und Lehrende demonstrierten nach dem Eröffnungsgottesdienst gegen ein mögliches Ende des eigenständigen Theologiestudiums an der KiHo.
Im Auftaktgottesdienst rief Vizepräses Christoph Pistorius dazu auf, Neues zu wagen und sich weder von „Irrwegen und Sackgassen, anstrengenden Prozessen und schwindenden Ressourcen“ noch von Anfragen an die Relevanz der Kirche für die Gesellschaft entmutigen zu lassen. Die Kirche dürfe nicht um sich selbst kreisen.
Kirche sei kein „rückwärtsgewandter Geschichts- oder Traditionsverein“, betonte Pistorius. Ihre Stärke liege nicht in Uniformität, Ansehen in der Gesellschaft oder Kirchensteueraufkommen. Die entscheidende Ressource für Aufbruch und Bewegung sei Gott selbst, „der beruft, beauftragt und sendet“. Eine solche Kirche trete für hungernde, kranke und einsame Menschen ein und übernehme Aufgaben in der Gesellschaft.
Der theologische Vizepräsident der benachbarten Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulf Schlüter, warb in einem Grußwort dafür, die kirchlichen Aufgaben stärker gemeinsam wahrzunehmen. Auch die westfälische Kirche ringe „mit allerhand ernsthaften Krisen“, sagte er mit Blick auf eine prekäre Finanzlage und die Vakanz im Präses-Amt nach dem Rücktritt von Annette Kurschus. Einen gemeinsamen Auftrag hätten die Kirchen auch „gerade jetzt, wo der Irrsinn auf dem ganzen Globus galoppiert und durch die Parlamente tobt, wo Krieg und Gewalt uns immer wieder sprachlos machen“.
Der alt-katholische Bischof Matthias Ring unterstrich die Bedeutung der Ökumene. „Wir leben bereits Gemeinschaft, auch wenn wir bislang diese noch nicht theologisch und amtlich besiegelt haben“, sagte er mit Blick auf ein Dialogpapier mit dem Titel „Gewachsene Gemeinschaft“.
Vizepräses Pistorius hob mit Blick auf die vor einem Jahr veröffentlichte Studie des Forschungsverbunds ForuM zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie das Recht der von Missbrauch Betroffenen auf Aufarbeitung und Gerechtigkeit hervor. „Es ist an uns, was wir daraus lernen, dass unsere vielfach und jahrelang bemühten Beruhigungsphrasen von der ‘besseren Kirche’ als das entkleidet wurden, was sie sind: eine evangelische Lebenslüge“, sagte er. „Es ist an uns, wie glaubwürdig wir in unserem Tun und Lassen sind.“