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Reporter ohne Grenzen fordert Aufnahme gefährdeter Afghanen

Der Westen zieht ab, regierungskritische Afghanen sind auf sich allein gestellt – das wollte die frühere Bundesregierung mit Aufnahmeprogrammen verhindern. Viele Betroffene sind aber immer noch nicht in Sicherheit.

Die Medienorganisation Reporter ohne Grenzen fordert von der Bundesregierung erneut die Aufnahme gefährdeter Afghanen nach Deutschland. Vier afghanische Medienschaffende, die über ein deutsches Programm eine Aufnahmezusage erhalten hätten, befänden sich zurzeit im pakistanischen Islamabad, wo ihnen und ihren Familien die Abschiebung nach Afghanistan drohe, erklärte die Organisation am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Den Betroffenen gehe es sehr schlecht.

Die von der früheren Bundesregierung ins Leben gerufenen Programme hatten das Ziel, von Folter und Haft bedrohte Afghanen in Sicherheit zu bringen. Das Angebot galt vor allem für sogenannte Ortskräfte, also Menschen, die in Afghanistan mit der Bundeswehr zusammengearbeitet hatten. Aber auch deren Familien, Oppositionelle und Medienschaffende sollten die Möglichkeit bekommen, Afghanistan sicher zu verlassen.

In aufwendigen bürokratischen Verfahren war Tausenden Afghanen eine Aufnahme zugesichert worden. Rund 2.300 warten seit Monaten in Islamabad auf die Beendigung des Verfahrens und die Ausreise nach Deutschland.

Zuvor hatte das Auswärtige Amt auf Anfrage der KNA erklärt: “Die Bundesregierung steht, auch über die Deutsche Botschaft in Islamabad, in engem und hochrangigem Kontakt mit der pakistanischen Regierung, um zu verhindern, dass Abschiebungen aufzunehmende Personen betreffen.” Die aufenthaltsrechtliche Lage von Afghanen in Pakistan habe sich im April 2025 nochmals verschlechtert.

In der vergangenen Woche hatte die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Afghanen des “Afghanistan Assisted Relocation Program” aufgefordert, ihre Unterkunft in Islamabad möglichst nicht mehr zu verlassen. Andernfalls drohe ihnen die Abschiebung, heißt in einer E-Mail, die der KNA vorliegt.

Reporter ohne Grenzen verweist unterdessen darauf, dass Berichten zufolge zwei Journalisten am vergangenen Wochenende in Pakistan in ein Abschiebelager gebracht worden seien. Auf Initiative des Auswärtigen Amtes hätten sie aber in ihre Unterkunft zurückkehren können. Die Fälle zeigten, dass eine Abschiebung jederzeit möglich sei – “die Verzweiflung spüren wir bis nach Berlin”.

Berichten zufolge hatten die pakistanische Regierung und Sicherheitsbehörden Afghanen aufgefordert, bis zum 30. Juni in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Insgesamt leben demnach zurzeit 1,4 Millionen afghanische Geflüchtete in Pakistan.

Nach dem Abzug westlicher Soldaten 2021 hatten die islamistischen Taliban wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Vielen Regierungskritikern drohten weiterhin Inhaftierung und Folter, so Reporter ohne Grenzen. Der aktuelle Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht dennoch ein Ende freiwilliger Aufnahmeprogramme vor.