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Caren Miosga und die Quadratur des Kreises

Bei “Caren Miosga” herrscht in den Tischgesprächen mehr Nähe als in anderen Talks. Dennoch gelingt es der Moderatorin nicht, CDU-Chef Merz in der Premierensendung inhaltliche Positionen abzuringen.

Caren Miosga begrüßte in ihrer ersten Sendung CDU-Chef Friedrich Merz
Caren Miosga begrüßte in ihrer ersten Sendung CDU-Chef Friedrich MerzImago / Jürgen Heinrich

Das Logo der neuen Talkshow „Caren Miosga“ besteht aus den stilisierten Initialen der Gastgeberin. Aus dem C wird ein Kreis, aus dem M ein Quadrat. Die Botschaft lautet also: Miosga und ihre Redaktion versuchen am Sonntagabend in der ARD die Quadratur des Kreises. Um dem Nachdruck zu verleihen, wurde das Logo bei der Premiere permanent unten in der Bildmitte eingeblendet, was bisweilen lustige Effekte hatte. Friedrich Merz schien die Initialen der Journalistin zeitweise wie ein Anstecker am Revers zu tragen.

Wie passend, denn der Parteivorsitzende der CDU scheint ein großer Fan der ehemaligen Tagesthemen-Moderatorin zu sein. Jedenfalls kam er aus dem Lächeln im Zwiegespräch zu Beginn der Sendung gar nicht mehr heraus. Und weil auch Caren Miosga so gar nichts Plasberg- oder Lanz-artiges hat, sondern mit spitzbübischem Charme versuchte, dem Politiker Inhaltsvolles zu entlocken, stellte sich vor dem Bildschirm das zwiespältige Gefühl eines ziemlich wohlwollenden Schlagabtauschs vor Studiopublikum ein. Vorbei sind immerhin die Zeiten, in denen die Sonntags-Gäste bei „Anne Will“ munter durcheinander redeten.

Caren Miosga: kein Geschrei, keine Unversöhnlichkeit

Bei „Caren Miosga“ dagegen herrscht in den Tischgesprächen buchstäblich mehr Nähe. Und vielleicht kommt eine solch freundlich-sachliche Talkshow in vergleichsweise intimer Runde gerade recht, denn an Geschrei und Unversöhnlichkeit mangelt es ja zurzeit nicht. Caren Miosga dagegen lachte den Friedrich Merz einfach schallend aus, als der bei der Frage nach der Kanzlerkandidatur die bekannte Formel „Das werden wir im Spätsommer entscheiden“ abspulte, und dennoch klang Miosgas Lachen kein bisschen hämisch oder unangemessen. Wobei sie auch die eine oder andere Gelegenheit verstreichen ließ: Auf die Frage, welche Führungserfahrung Merz als Bundeskanzler mitbringen würde, verwies der ernsthaft auf seine Ämter als Fraktions- und Parteichef. Als wäre es nicht doch eine andere Hausnummer, als Regierungschef das politische Geschick eines ganzen Landes zu bestimmen.

Das Logo der Sendung soll an Caren Miosgas Initialen erinnern
Das Logo der Sendung soll an Caren Miosgas Initialen erinnernImago / dts-Nachrichtenagentur

Apropos: Der von vielen in der öffentlichen Debatte schmerzlich vermisste Olaf Scholz wäre als Premierengast auch eine andere Hausnummer gewesen, ein echter Coup sogar. Aber Merz? Und auch der Titel („Merz richtet die CDU neu aus – wird Deutschlands Zukunft konservativ?“) wirkte nicht ganz frisch, immerhin ist das neue Grundsatzprogramm der CDU schon vor einigen Wochen vorgestellt worden. Was drin steht, erfuhr man in der Show bestenfalls zwischen den Zeilen. Auch keiner der unvermeidlichen Einspielfilme, die im Talkshow-Genre seit der Premiere von „Hart, aber fair“ vor mehr als 20 Jahren Usus geworden sind, widmete sich den Programminhalten. Dafür holte Miosga „dieses schöne Designerstück“ hervor: eine Kaiser-idell-Leuchte. Erstens weil sie wie Merz aus dem Sauerland stammt, zweitens weil sie zu der semi-originellen Frage Anlass bot: „Geht Ihnen schon ein Licht auf?“

Kontroverser und schärfer wurde es, lief aber auch thematisch bisweilen aus dem Ruder, als Miosga in der zweiten Hälfte der Show noch die Zeit-Journalistin Anne Hähnig und den Soziologen Armin Nassehi an den Tisch bat. Als der ins Dozieren geriet und von Themen sprach, „die leicht affizierbar sind“, hätte man sich einen Moderator wie Frank Plasberg gewünscht, der auf verständliche Sprache bestand. Und als Merz eine von Anne Hähnig sinngemäß zitierte Aussage zur Zusammenarbeit der CDU mit der AfD auf kommunaler Ebene einfach leugnete, wäre eine Einblendung mit dem korrekten Zitat hilfreich gewesen.

Konservative Zukunft? Die Frage bleibt unbeantwortet

Anstelle dessen hatte die Redaktion die verschiedenen Rede-Ausschnitte von Merz parat, in denen er über „kleine Paschas“, die Zahnbehandlung von Asylbewerbern und Berlin-Kreuzberg wetterte. Dafür gab es Applaus von einem (kleineren) Teil des Berliner Studiopublikums, was den anderen (größeren) Teil jedoch zu noch lauterem Beifall motivierte, als Merz von Nassehi und Hähnig kritisiert wurde. Die im Titel aufgeworfene Frage, wie eine konservative Zukunft aussehen könnten, blieb übrigens komplett unbeantwortet, weil Miosga Merz keine inhaltlichen Positionen abringen konnte. Damit wäre ihr die Quadratur des Kreises doch noch gelungen.