Eine Art biografischer Film über Wladimir Putin, der mithilfe von KI und mit den Mitteln des Actionkinos dessen Karriere als Psychogramm eines infantilen Narzissten nachzeichnet.
Putin scheißt sich ein. Patryk Vegas “Biopic” setzt gleich in der ersten Szene eine knallige Duftmarke. Der russische Präsident Vladimir Putin befindet sich offensichtlich unter medizinischer Aufsicht und hat die Kontrolle über die basalsten Körperfunktionen verloren.
Subtil geht anders, und vielleicht kann man dem Film zumindest dies zugutehalten. Mit Subtilität wird man einem wie Putin vermutlich nicht beikommen. Schließlich inszeniert der Autokrat sich selbst mit Vorliebe als tollster Hecht von allen und scheint damit bislang gut zu fahren. Auch in “Putin” tauchen die entsprechenden Bilder gegen Ende kurz auf: Putin in Kampffliegermontur, Putin posiert mit einem betäubten Tiger; Putin mit nacktem Oberkörper beim Angeln. Insofern ist Vegas Antwort passgenau. Der schamlosen Selbstinszenierung begegnet er mit einer maximal demütigenden Fremdinszenierung.
Deren wichtigste Stationen sind eine von Entbehrungen und Gewalterfahrungen geprägte Kindheit in der Sowjetunion der späten 1950er-Jahre, der rapide Aufstieg im russischen Machtapparat während der chaotischen Jelzin-Zeit und schließlich sein Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2000 sowie die anschließende Konsolidierung seiner zunehmend autokratischen Herrschaft.
Der Film springt zwischen den Jahrzehnten und Schauplätzen wild hin und her. Für Kontinuität sorgen Putins stets maximal finstere Absichten. Hinzu kommen zwei, später drei Figuren, die einer anderen Realitätsebene angehören und nicht mit Putin mitaltern, und für die Kinozuschauer, aber nicht für das handelnde Personal sichtbar sind – und deren Bedeutung sich wie manch anderes im Film nicht auf Anhieb erschließt.
Die Schlagrichtung aber ist nicht zu übersehen: “Putin” zeichnet das Psychogramm eines chronisch zu kurz gekommenen, infantilen, präpotenten Narzissten, der – von den Geistern der Vergangenheit verfolgt – die Zukunft der Menschheit ruiniert.
Vegas “Putin” ist als politisches Statement ein Frontalangriff. Ein filmgewordener Kampfpanzer, der aus allen Rohren feuert. Vor allem aber ist der Film ein Frontalangriff auf Putin selbst, dessen Aufstieg im Film mit dem Verkauf atomwaffenfähigen Urans an Terroristen beginnt.
Der in der Folge seine Widersacher mit Mafiamethoden aus dem Weg räumt, im Tschetschenienkrieg über Leichenberge geht und später – hier greift Vega auf gängige Verschwörungstheorien zurück – Terroranschläge inszeniert, um seine Macht zu konsolidieren, während er gleichzeitig den Kontakt zur Realität verliert. “Putin” ist aber durchaus auch ein Angriff auf Russland und alles Russische schlechthin – mit viel Lust an polemischer Übertreibung.
Doch die Reize nutzen sich arg schnell ab. Wenn man den Dreh einmal verstanden hat, bietet “Putin” nur noch die Wiederkehr des Immergleichen. Die inneren Dämonen befehlen, und Putin führt aus. Russland und in der Folge die Welt gehen vor die Hunde. Insbesondere in der zweiten Filmhälfte ist das Ganze zunehmend schwerer zu ertragen – auch weil der Film, sobald er in staats- und weltpolitischen Maßstäben zu denken beginnt, eben jene russische Realität komplett aus den Augen verliert, als deren ultimative Verkörperung Putin dargestellt wird.
Bleibt zum Schluss noch die Frage nach dem Putin in “Putin”, also nach der KI-Technologie, mithilfe derer Vega seine Version des Autokraten zum Leben erweckt. Schaut Vegas Putin nach Putin aus? Ein bisschen durchaus, und gerade den Alterungsprozess der Hauptfigur stellt die angeblich vom Regisseur selbst entwickelte Technologie fast besser dar als manche superteure Hollywoodproduktion der letzten Jahre.