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Projekt soll Pflegeaussteigerinnen wieder in den Beruf holen

Mit besseren Arbeitsbedingungen sollen ausgestiegene Pflegekräfte wieder in ihren Beruf zurückgeholt werden oder Teilzeitkräfte ihre Arbeitszeit aufstocken. Wie das gelingen könnte, soll jetzt am Bremer Krankenhaus St. Joseph-Stift zunächst in den beiden geburtshilflichen Stationen ausprobiert werden. Für das Modellprojekt stellt Bremen insgesamt 1,2 Millionen Euro aus Landesmitteln und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) Plus zur Verfügung, sagte Arbeitssenatorin Claudia Schilling (SPD) am Donnerstag bei der Projektvorstellung. Arbeitssenatorin Claudia Behrend (Linke) ergänzte: „Die Beschäftigten wünschen sich verlässliche Arbeitszeiten, mehr Wertschätzung und mehr Zeit, um sich angemessen um die Patientinnen und Patienten kümmern zu können.“

Das Projekt stütze sich auf eine bundesweite Studie mit dem Titel „ich pflege wieder, wenn…“, an der die Arbeitnehmerkammer Bremen beteiligt war, erläuterte die Geschäftsführerin der Kammer, Elke Heyduck. Die Untersuchung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass bundesweit rein rechnerisch 300.000 Vollzeitkräfte wieder gewonnen werden könnten, wenn sich die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern. Allein für Bremen gebe es ein Potenzial von 1.500 Vollzeitkräften.

Im St. Joseph-Stift sollen in den kommenden vier Jahren Konzepte und Ideen zusammen mit Mitarbeitenden entwickelt und erprobt werden, erläuterte Güzide Kadah, die das Projekt im Stift leitet. In einem ersten Schritt sollen dazu vorübergehend zusätzliche Leiharbeitskräfte eingestellt werden, um das bisherige Personal zu entlasten. Das solle sich herumsprechen und erste Fachkräfte davon überzeugen, dass sich eine Rückkehr in die Pflege lohnt. Zugleich solle verhindert werden, dass noch vorhandene Fachkräfte aufgrund von Überlastung ihre Arbeitszeit reduzieren oder in fremde Berufe abwandern.

In sechs Teilbereichen sollen die Bedingungen verbessert werden. Kadah zufolge gehört dazu unter anderem eine individuelle Personalbemessung und Einarbeitungszeit. Die Aufgaben für Pflegekräfte seien derart vielfältig geworden, dass die übliche Einarbeitungszeit von vier Wochen nicht mehr ausreiche. Neue Wege müssten ausgetestet werden. „Wir können uns eine ‘das haben wir schon immer so gemacht’-Haltung nicht mehr leisten.“

Wichtig sei die kollegiale Beratung, betonte Kadah. Durch mehr Personal sollen Zeitfenster geschaffen werden, in denen sich die Kolleginnen und Kollegen über Praxisalltag austauschen und neue Techniken oder Verfahren überlegen können, um Arbeitsprozesse zu optimieren. Nicht zuletzt müsse auch das Führungspersonal weiter geschult werden.