Bulgarien wählt diese Woche ein neues Parlament – bereits zum siebten Mal seit 2021. Von der politischen Krise, in der das Land feststeckt, profitiert auch ein politischer Spieler abseits der Balkanhalbinsel: Moskau.
Bulgarien wählt diese Woche ein neues Parlament, um einen Weg aus der politischen Sackgasse zu finden: Es ist bereits der siebte Urnengang innerhalb von drei Jahren, nachdem Koalitionen binnen kurzer Zeit platzten oder keine Regierungsmehrheit zustande brachten. “Inzwischen herrscht in der Bevölkerung eine Enttäuschung über das politische System, die sich über alle Altersklassen, Gesellschaftsschichten, Geschlechter und Berufe hinweg erstreckt”, sagt der Politologe Yorgos Christidis der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Dem Balkan-Experten der Universität Makedonien (Thessaloniki) zufolge ist die Wut der Bulgaren über politische Missstände groß: Zu einem kollabierenden Sozial- und Gesundheitssystem komme Korruption in den Institutionen hinzu. Insbesondere das Justizsystem sei betroffen. “In den Augen vieler Bulgaren verhält sich die korrupte politische Elite gleichgültig und unfähig, sich mit Problemen wie der demografischen Krise, dem massiven Exodus junger Bulgaren, der sozialen Ausgrenzung der Roma etc. auseinanderzusetzen”, so Christidis.
Der Politologe warnt, dass “Moskau und pro-russische politische Kräfte im Land” die Enttäuschung der Bulgaren schon seit längerem ausnutzten. So sieht eine Umfrage die rechtsextreme, Kreml-nahe Partei “Wiedergeburt” bei der Wahl am Sonntag inzwischen auf dem zweiten Platz, hinter der konservativen GERB. Dazu sagt Mariyan Sabev, Analyst am Zentrum für Demokratieforschung (CSD) in Sofia: “Bulgariens innenpolitische Spaltung spiegelt die größeren ideologischen Konflikte zwischen dem Westen und Russland wider: Einige Parteien plädieren für engere Beziehungen zu Moskau, während andere eine stärkere Integration mit der EU und der Nato fordern.” Vorangetrieben werde die Spaltung unter den Bulgaren durch “wirksame Desinformationskampagnen des Kremls”.
Der Anführer der “Wiedergeburt”, Kostadin Kostadinow, forderte in der Vergangenheit einen EU-Austritt Bulgariens; stattdessen solle sein Land den Brics-Staaten beitreten, zu denen auch Russland zählt. Trotz ideologischer Differenzen könnten die Russland-Freunde laut Beobachtern künftig an der Seite der Konservativen regieren. Dazu meint Sabev: “Obwohl die GERB-Partei offiziell proeuropäisch eingestellt ist und sich energisch für den Platz Bulgariens in der EU und der Nato einsetzt, kann die Koalitionspolitik in Bulgarien unberechenbar sein.”