In Sachen Asyl und Migration drückt die Regierung aufs Tempo. Schon am Mittwoch soll das Kabinett zwei Gesetzentwürfe auf den Weg bringen. Kritik gibt es vor allem an der Aussetzung des Familiennachzugs.
Die Flüchtlingsschutzorganisation Pro Asyl kritisiert die geplante Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre. “Dieses Gesetz hat fatale Auswirkungen auf das Familienleben von subsidiär Geschützten”, sagte Geschäftsführer Karl Kopp dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch); “Familien werden jahrelang getrennt und viele auch zerstört. Damit wird Integration erschwert.”
Betroffen seien in der Regel vulnerable Gruppen, die entweder in ihren Herkunftsländern bleiben müssten oder sich auf gefährliche, teils tödliche Fluchtrouten begäben, so Kopp weiter: Da CDU und CSU immer wieder die Bedeutung der Familien betonten, sei dies “ein ziemlich doppelbödiger, heuchlerischer Akt”.
Kritik kam auch vom Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) und von Herbert Brücker, Migrationsforscher vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Der SVR-Vorsitzende Winfried Kluth warnte in der “Rheinischen Post” (Mittwoch) davor, den positiven Effekt des Familiennachzugs auf die Integration zu vernachlässigen.
Brücker nannte das Vorhaben “aus humanitärer Sicht problematisch”. Man wisse aus Studien, “dass die Trennung von der eigenen Familie für Geflüchtete psychisch sehr belastend ist und damit auch deren Integration behindert”. Außerdem sei der quantitative Effekt zur Begrenzung der Migration “sehr gering”.
Auch die Kirchen lehnen den angekündigten Stopp ab. In der Folge müssten Bürgerkriegsflüchtlinge längere Zeit getrennt von ihren engsten Familienmitgliedern leben. Das sei ethisch überaus fragwürdig und wirke sich auch negativ auf die Integration aus, sagte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße am Dienstag. Das Grundgesetz stelle die Familie unter besonderen Schutz, ergänzte der katholische Flüchtlingsbischof, und das gelte auch für schutzsuchende Familien. Ähnlich äußerte sich der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Christian Stäblein.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will am Mittwoch zwei Gesetzentwürfe zur Aussetzung des Familiennachzugs sowie zur Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung ins Kabinett einbringen.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten – das sind etwa Bürgerkriegsflüchtlinge – zunächst für zwei Jahre auszusetzen. Härtefälle sollten ausgenommen werden. Bislang war der Nachzug zu dieser Gruppe bereits auf bis zu 1.000 Menschen pro Monat beschränkt. In den vergangenen beiden Jahren war das Kontingent jeweils ausgeschöpft worden.