Kappeln. Gerhard Ulrich liest viel, kocht gern, erledigt die Einkäufe und hat bereits die ersten Sonnenstrahlen in seinem Strandkorb genossen. Der ehemalige Landesbischof der Nordkirche hat in seinem Ruhestand aber auch ein neues Amt übernommen: Er ist Vorsitzender des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland – und das, obwohl er selbst kein Bläser ist. “Ich bin begeistert von den vielen Engagierten in diesem Bereich kirchlicher Arbeit.” 2024 soll der Deutsche Evangelische Posaunentag in Hamburg stattfinden. Am Dienstag, 9. März, wird Ulrich 70 Jahre alt. Die große Geburtstagsfeier in seinem Haus in Kappeln an der Schlei muss corona-bedingt allerdings ausfallen.
Ulrich hat maßgeblich die Gründung der Nordkirche vorangebracht, als sich 2012 die Landeskirchen Nordelbien, Mecklenburg und Pommern zusammenschlossen. Sechs Jahre bemühte er sich als erster Landesbischof der jungen Kirche erfolgreich, die Gemeinsamkeiten in Ost und West zu stärken. Zuvor war er Pastor in Hamburg, Direktor des Predigerseminars in Preetz, Propst in seinem Wohnort Kappeln und Bischof in Schleswig. Zur Theologie kam er über das Theater: Er studierte drei Jahre Germanistik, Theaterwissenschaft und Schauspielkunst in Hamburg und absolvierte zwei Spielzeiten unter anderem am Ernst-Deutsch-Theater.
Lehrauftrag in Kiel ruht
Der frühere Landesbischof hat inzwischen einen Lehrauftrag am Institut für Praktische Theologie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Der ruht allerdings derzeit, bis die Lehre wieder analog stattfinden kann. Nach wie vor ist er Vorsitzender des Fördervereins des Instituts für Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung an der Uni Greifswald. Außerdem hat er an einem Buch über einen Kieler Wehrmachtspfarrer mitgearbeitet, der aus der russischen Gefangenschaft heraus seine Landsleute ermutigte, dem Frieden zu dienen und den Widerstand zu wagen.

Sein Interesse an den Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Kirche hat nicht nachgelassen. Ulrich warnt davor, in Corona-Zeiten die weltweite Ökumene zu vernachlässigen. In anderen Teilen der Welt sei die Pandemie mit sehr viel größeren Zumutungen und Gefährdungen an Leib und Seele verbunden. Sie würde ohnehin vorhandene Katastrophen wie Krieg, Verfolgung und Vertreibung erheblich verstärken. “Diese Sorge lässt uns nicht los.” Der Blick über den eigenen Kirchturm hinaus könne zudem den Blick dafür schärfen, wie gut es den Menschen hier trotz aller Einschränkungen geht.