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Präses Latzel: Kirche braucht Reformen und Besinnung auf Gott

Der rheinische Präses Thorsten Latzel rät seiner Kirche, sich künftig stärker auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren und Strukturen für eine kleiner werdende Kirche zu schaffen. „Unsere Aufgabe ist es, das Evangelium in die nächste Generation weiterzugeben“, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland am Montag in Düsseldorf vor der Landessynode, dem rheinischen Kirchenparlament. Zunächst müsse es um den Glauben und um geistliches Leben gehen, denn wenn Gott fehle, „fehlt alles“. Nötig sei aber auch „eine tiefgreifende Aufgabenkritik“.

Die tradierten kirchlichen Strukturen führten schon jetzt oft zur Selbsterschöpfung, sagte Latzel in seinem Jahresbericht. Es fehle das Personal, um dieses System zu erhalten. Nötig seien daher „resiliente Strukturen, die auch dann noch funktionieren, wenn wir nur noch die Hälfte sind“. Die Frage sei: „Wie können wir unter grundlegend anderen Bedingungen Kirche für Andere sein?“ Die Mitarbeit müsse attraktiv sein.

Als Beispiel nannte der 53-jährige Theologe den Pfarrdienst in den 605 rheinischen Kirchengemeinden. Dort gebe es „einen hohen Leidensdruck, weil ein großer Teil der Arbeit für Verwaltung draufgeht“„ und es “ein Gefühl permanenten Rückbaus” gebe. Im Zentrum müssten jedoch Seelsorge, Verkündigung, Gottesdienst, Unterricht und die Begleitung von Ehrenamtlichen stehen.

Grundlage sei die vor einem Jahr beschlossene durchschnittliche Wochenarbeitszeit für rheinische Pfarrerinnen und Pfarrer von 41 Stunden, erklärte Latzel, der seit drei Jahren an der Spitze der zweitgrößten deutschen Landeskirche mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern steht. Junge Leute wollten zudem oft im Team arbeiten. Zur Entlastung könne ferner der Aufwand für Gottesdienste mit nur wenigen Besuchern reduziert werden, indem „kleine geistliche Formate“ gewählt werden.

Auch über die Leitungsgremien der Gemeinden, die überwiegend mit ehrenamtlichen Laien besetzt sind, müsse nachgedacht werden, sagte Latzel: „Die Kernaufgabe der Presbyterien ist es, geistlich, kommunikativ und strategisch zu leiten.“ Die Verantwortung für Finanzen, Personal und Gebäude überfordere viele. Daher sollten Kompetenzen gebündelt und Aufgaben wie Gebäudemanagement stärker in Regionen, Kirchenkreisen oder Zweckverbänden erledigt werden.

Lernen lässt sich nach Latzels Worten von Kirchen in anderen Ländern, etwa in den Niederlanden. Dort funktionierten volkskirchliche Strukturen längst nicht mehr. Daher sei eine Pionierkultur entwickelt worden, um „die Landkarte religiöser Bedürfnisse mutig neu zu gestalten“. Elemente seien Gemeinschaftsbildung, Orte mit starker Ausstrahlung und persönliche Lebensbegleitung.

Nötige Reformen angesichts sinkender Mitgliederzahlen und schwindender Finanzkraft sind Hauptthema der Synode, die bis Freitag tagt. Am Dienstag und Mittwoch befassen sich die rund 200 Mitglieder des Leitungsorgans in nichtöffentlichen Arbeitsgruppen und Workshops intensiv mit Veränderungen und Zukunftsfragen wie Nachwuchsgewinnung, Mitgliederbindung und neue Gemeindeformen.