Gleiche Arbeit, weniger Lohn? So geht es noch immer vielen Frauen. Eine, die sich dagegen gewehrt hat, sieht verbreitete nachteilige Denkmuster – nicht nur bei Männern. Sie könnten sich aber verändern lassen.
Astrid Siemes-Knoblich, Politikerin und Gründerin der Agentur “Go! female”, beobachtet viele Fälle von versteckter Diskriminierung. Sie zeigten sich zunächst in Denkreflexen, sagte Siemes-Knoblich im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag): “Beim Beispiel ‘Frauen und Geld’ sind das Stereotype wie ‘gut verdienender Mann’ oder ‘nicht die Hauptverdienerin’. Das ist gewissermaßen Diskriminierung 2.0.”
Solche Vorstellungen seien schwieriger zu bekämpfen als offenkundige Andersbehandlung, sagte die frühere Bürgermeisterin von Müllheim im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald in Baden-Württemberg. “Die Stereotypen in unserem Kopf helfen uns allen, Männern wie Frauen, bei der Flut der täglichen Informationen eine erste rasche, fast unbewusste Bewertung vorzunehmen.”
Vor vier Jahren hatte Siemes-Knoblich die Stadt Müllheim verklagt, weil sie als Bürgermeisterin schlechter bezahlt worden war als ihr Amtsvorgänger – sie bekam Recht und eine Nachzahlung von gut 60.000 Euro. Zu Beginn in diesem Amt habe sie – “typisch Frau” – gedacht”: “Wenn das Umfeld stimmt und die Arbeit Freude macht, ist das Gehalt zweitrangig.” Auch später sei es ihr weniger um die konkrete Geldsumme gegangen als ums Prinzip: “Ich wollte für die gleiche Arbeit das Gleiche bekommen.”
Solche Schritte erforderten Mut, fügte die heutige Beraterin hinzu. “Aber je mehr Frauen den Schritt wagen, desto mehr wird sich bewegen.” In fast allen Führungspositionen seien immer weniger Frauen vertreten, je höher die Hierarchie steige. “Frauen fragen sich oft: Kann ich das? Darf ich das? Soll ich das? Männer haben solche Bedenken viel seltener.”
Auch Work-Life-Balance sei ein Faktor, erklärte Siemes-Knoblich. “Viele Frauen sind immer noch so geprägt, dass sie einen tollen Job haben wollen, aber auch mit den Kindern Plätzchen backen oder basteln, dazu noch eine tolle Frau, Gattin und Freundin sein.” Gerade jüngeren Frauen wolle sie zurufen, dass zwar alles möglich sei, “aber eben nicht alles gleichzeitig”. Zudem könnten nicht nur Frauen beispielsweise einen Geburtstagskuchen backen: “Männer können das genauso. Die Frauen müssen das von ihren Männern aber auch einfordern und zutrauen.”