Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) hat sich Forderungen nach einer Gleichbehandlung von gesetzlich versicherten Patienten bei der ärztlichen Terminvergabe und bei medizinischen Leistungen angeschlossen. Die „strukturell bedingte und historisch gewachsene Zweiklassenmedizin“ müsse von einer neuen Bundesregierung beendet werden, sagte Philippi der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ, Freitag). Zuvor hatten der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Deutsche Stiftung Patientenschutz ebenfalls eine Gleichbehandlung von Kassenpatienten gefordert.
„Vor allem in Facharztpraxen ziehen gesetzlich Versicherte regelmäßig den Kürzeren gegenüber Menschen mit Privatversicherung“, betonte Philippi. Dem HAZ-Bericht zufolge hält Niedersachsens Gesundheitsminister eine verpflichtende Ausweitung der offenen Sprechstunden und eine weitere Erhöhung von Mindestsprechstunden für notwendig. Zudem sollten Videosprechstunden fest vorgehalten werden.
Auch eine „Harmonisierung der Vergütungen“ zwischen der Behandlung von Kassen- und Privatpatienten regte Philippi an. Zudem forderte der SPD-Politiker den Angaben zufolge, dass auch Privatversicherte nicht sofort einen Facharzt aufsuchen, sondern zunächst den Hausarzt. „Das Primärarztprinzip muss dringend gestärkt werden. Haus- oder auch Kinderärzte müssen eigentlich immer die ersten Ansprechpartner sein.“
Philippi sagte, die Bundesregierung habe in diesem Jahr eine Reform der ambulanten Versorgung in Deutschland beschlossen, die unter anderem eine Entbudgetierung für Hausärzte und damit mehr finanzielle Spielräume vorsehe. Ob dieses Gesetz noch vor der Neuwahl im Februar vom Bundestag beschlossen werde, sei jedoch ungewiss.
Zuvor hatten der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Deutsche Stiftung Patientenschutz in Bezug auf die Terminvergabe ebenfalls die Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber Kassenpatienten bei der Terminvergabe in Arztpraxen gesetzlich zu unterbinden. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hatte kritisiert, das Vergabesystem für Fach- und Hausarzttermine sei undurchsichtig. Brysch betonte, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Bundesregierung seien dafür verantwortlich, das System zu überarbeiten. „Transparenz beendet die Diskriminierung“, betonte er. Dadurch werde auch sichtbar, wie viele der bundesweit knapp 100.000 Arztpraxen an ihrer Belastungsgrenze seien.