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Pflegerat beklagt fehlende Mitsprache in der Politik

Zum Deutschen Pflegetag in Berlin kommen rund 10.000 Besucher – auch die Bundesregierung lässt sich sehen. Für den Pflegerat als Hauptorganisator geht es um mehr Mitsprache. Gesundheitsministerin Warken will liefern.

Vertreter der Pflege pochen auf mehr Mitsprachekompetenz – im Bund und in den Ländern. Diese Kernforderung bekräftigte Pflegeratspräsidentin Christine Vogler auf dem Deutschen Pflegetag am Mittwoch in Berlin. Pflege sei elementarer Teil kritischer Infrastruktur und müsse politische Prozesse mitgestalten. “Pflege hält nicht nur Menschen am Leben, sie hält Demokratie zusammen”, so Vogler bei der Eröffnung des zweitägigen Kongresses.

Deutschland orientiere sich im Gesundheitswesen noch immer vorrangig an den Ärzten, monierte die Pflegeratspräsidentin. Das sei historisch erklärbar, aber nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen brauche es eine teambasierte “Primärversorgung” – mit eigener Pflegesprechstunde und guter digitaler Infrastruktur.

Seit Jahren werde in der Pflege über Wertschätzung gesprochen, entscheidend sei aber die Möglichkeit struktureller Mitwirkung. “Wir haben null Mitsprachekompetenz auf Bundesebene, gebt uns Strukturen”, forderte Vogler. Es brauche flächendeckend Landespflegekammern, feste Mitsprache in den Gremien der Selbstverwaltung und Beteiligung an Gesetzgebungsprozessen. Der Deutsche Pflegerat könne und wolle hierbei eine zentrale Rolle übernehmen, so Vogler. “Wir erleben jeden Tag, dass das, was wir wissen, nicht ins System eingespeist wird.”

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) versprach auf dem Pflegetag, dass der Pflegeberuf attraktiver werde. “Zu lange gab es zu wenig Wertschätzung.” Mit der neuen bundesweiten Ausbildung zur Pflegeassistenz und der am Donnerstag im Bundestag abschließend auf der Tagesordnung stehenden Kompetenzerweiterung für Pflegefachkräfte und Reduzierung von Bürokratie gehe man diesen Weg weiter. Auch die gesetzliche Grundlage für die sogenannte Advanced Practice Nurse komme.

Am Donnerstag will Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) den Pflegetag besuchen. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) betonte, dass Pflege nur gemeinsam gelinge. “Für eine gute Pflege sind wir in Deutschland bei immer weniger Pflegekräften und immer mehr älteren Menschen dringend auf Innovationen angewiesen”, sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Es sei ein “historischer Schritt”, dass die Pflege mehr Befugnisse erhalte, sagte Vogler. “Endlich traut man der Pflege zu, Verantwortung eigenständig zu übernehmen. Das ist inhaltlich überfällig und fachlich längst möglich”, sagte Vogler der KNA. Nun brauche es verbindliche und einheitliche Weiterbildungsangebote, Qualifikationen und eigene Abrechnungsmöglichkeiten. Zugleich dürfe die häusliche Pflege durch Angehörige nicht vergessen werden.

Mit Blick auf die desaströse Finanzlage von Kranken- und Pflegekassen sprach Vogler von einem “Warnsignal”. Aus ihrer Sicht sei ein Perspektivwechsel entscheidend. Dort, wo Pflege gut organisiert und angemessen ausgestattet sei, gingen Komplikationsraten, Krankenhausrücküberweisungen und Pflegebedarfe langfristig zurück. Vogler plädierte für eine künftige Finanzierung, die Pflegeleistungen eigenständig – unabhängig von ärztlichen Wegen – anerkenne und vergüte. “Kurz gesagt: Wir brauchen keinen Sparmodus, sondern Investitionen in Qualität und Nachhaltigkeit.”

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz lobte die Erfolge in der Pflege. Zugleich beklagte Vorstand Eugen Brysch, dass positive Entwicklungen bei Pflegebedürftigen, Angehörigen und der Bevölkerung nicht ankämen. “Statt Teilhabe erleben die Menschen in der Praxis Abhängigkeit”, sagte Brysch der KNA. Insbesondere ständig steigende Kosten müssten ein Ende haben.