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Patenschein an der Wursttheke

Arbeitsverdichtung, unklare Strukturen, mangelnde Wertschätzung: Beim Treffen mit Präses Annette Kurschus hatten Mitarbeitende aus der Verwaltung viele Verbesserungswünsche.

BIELEFELD/DORTMUND – Was wäre Kirche ohne Menschen, die Rechnungen buchen, Gemeindegliederkarteien pflegen, Computer warten oder Baumaßnahmen am Gemeindehaus organisieren? „Wir wären verloren ohne Sie“, sagte Präses Annette Kurschus den rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kirchlichen Verwaltung, die in Bielefeld der Einladung ihres Berufsverbands, des Westfälisch-Lippischen Verbands der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im evangelisch-kirchlichen Verwaltungsdienst, gefolgt waren. Nach dem Austausch mit Pfarrerinnen und Pfarrern im „Pfarrbildprozess“ will die leitende Theologin jetzt mit Vertreterinnen und Vertretern der anderen kirchlichen Berufsgruppen ins Gespräch kommen.

In Gruppen wurde über die Themen „Zusammenarbeit und Vernetzung“, „Gesundheit“, „Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation“, „Personalplanung und -entwicklung“ sowie „Kirche im Rückbau“ diskutiert. Dabei wurde schnell klar: Auf allen Ebenen gibt es Kritik an der zunehmenden Arbeitsverdichtung. Vor allem Gemeindesekretärinnen klagen über zu wenig Zeit, zu wenig Information und zu wenig Hilfestellung von Kirchenkreisen und Landeskirche. Einheitliche Standards gebe es nicht, hieß es, weder bei der Arbeitsplatzbeschreibung noch bei der Bezahlung. Wer das Sagen hat, sei oft unklar: der Pfarrer, der Kirchmeister, das gesamte Presbyterium? Und bei den ehrenamtlich tätigen Presbyterinnen und Presbytern fehle es oft an Sachkenntnis – eine kritische Situation, wenn diese Personalverantwortung tragen.

Obwohl sie meistens nur in Teilzeitstellen tätig sind, werden Gemeindesekretärinnen als eine Art Aushängeschild der Gemeinde wahrgenommen. Das führt dazu, dass sie auch außerhalb ihrer bezahlten Arbeitszeit angesprochen werden. „Ich kaufe inzwischen lieber woanders ein“, sagt eine Gemeindesekretärin. „Wenn ich in meiner Gemeinde gehe, muss ich an der Wursttheke noch eine Patenbescheinigung ausfüllen.“ In einigen Gemeinden werde unbezahltes Engagement als „Ehrenamt“ quasi eingefordert, berichteten einige Frauen. Und oft auch geleistet – denn, so eine Gemeindesekretärin: „Wo bleiben sonst die Menschen?“

Auch an den Schnittstellen zwischen Gemeinde und Kirchenkreis knirscht es. Die Umstellung auf kaufmännische Buchführung (NKF) wird von vielen Beteiligten als „Kraftakt“ beschrieben, der im laufenden Geschäft kaum zu bewältigen ist. Das bindet Kräfte, die für die alltäglichen Aufgaben fehlen. Dann kommt es vor, dass Rechnungen erst nach vielen Wochen bezahlt werden – die Beschwerden von Handwerkern oder Musikern landen aber wiederum in den Gemeindebüros. Und während auf Kirchenkreisebene neues Personal eingestellt wird, werden bei den Gemeindesekretärinnen Stunden gekürzt. Ein Ungleichgewicht, das schwer zu vermitteln ist.

In allen Arbeitsgruppen wurde eine professionellere Personalpolitik gefordert; dazu gehören nach Ansicht der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter regelmäßige Dienstgespräche, Perspektiven für weitere Entwicklung von Stellen und Aufstiegsmöglichkeiten sowie eine nachvollziehbare tarifliche Einstufung von Tätigkeiten. Das Thema Wertschätzung stand ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste.

Ein ähnlicher Austausch hatte einige Tage zuvor mit Gemeindepädagoginnen und -pädagogen im Reinoldinum in Dortmund stattgefunden. Hier waren berufliche Entwicklungsmöglichkeiten ebenfalls ein Thema – vor allem für Ältere, die nach Einsatzfeldern auch außerhalb der Kinder- und Jugendarbeit suchen. Eine große Rolle spielten die Frage nach einem gleichberechtigten „kollegialen Miteinander auf Augenhöhe“ in multiprofessionellen Teams und der Wunsch nach einem „klaren Bekenntnis der Kirchenleitung zur Dienstgemeinschaft“, das heißt einem ausgewogeneren Verhältnis von Pfarramt und anderen Berufsgruppen, von Beamten und Angestellten.