Im Libanon steigt die Zahl der Toten durch israelische Luftangriffe auf fast 600. Trotzdem feuert die Hisbollah weiter Raketen über die Grenze. Kirchenvertreter warnen vor der humanitären Katastrophe und fordern Frieden.
Die katholische Kirche vom Papst bis zu den deutschen Bischöfen fordert ein Ende der Eskalation im Nahen Osten und rasche Schritte hin zu einem Waffenstillstand. Auch katholische Hilfswerke zeigten sich am Mittwoch entsetzt über das Ausmaß der Gewalt durch die anhaltenden Kämpfe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah.
Papst Franziskus rief bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz die internationale Gemeinschaft auf, “die schreckliche Eskalation zu stoppen. Sie ist inakzeptabel.” Die intensiven Bombenangriffe auf den Libanon hätten Tod und Verwüstung gebracht, so der Papst. Die Raketenangriffe der Hisbollah auf Ziele in Israel erwähnte der Papst nur indirekt.
Unterdessen drängte die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda auch auf einen Waffenstillstand im Gazakrieg. “Auch wenn ein Ende des Krieges noch lange keinen Frieden bedeutet, ist es das Gebot der Stunde, die Waffen niederzulegen und Deeskalation, Verhandlung und Dialog Raum zu geben”, sagte der Vorsitzende der bischöflichen Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten, der Paderborner Erzbischof Udo Bentz.
Eindringlich kritisierte der Erzbischof die humanitäre Lage im Gazastreifen. Dort hungerten Hunderttausende Menschen, mehr als 85 Prozent der Bevölkerung seien auf der Flucht. “Die Bedingungen sind katastrophal. Es fehlt vor allem an Trinkwasser, Lebensmitteln und Medikamenten.” Kirchliche Organisationen wie Caritas international und Malteser blieben aktiv, erhielten derzeit aber nur wenige Spendenmittel.
Der Vorsitzende der bischöflichen Kommission Weltkirche, der Augsburger Bischof Bertram Meier, erinnerte auch an die Hamas-Verbrechen vom 7. Oktober. Zugleich kritisierte Meier die israelische Regierung: Die Verhältnismäßigkeit der militärischen Reaktion Israels auf die Hamas-Verbrechen sei “angesichts der unzähligen Opfer und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen” nicht mehr gegeben. Meier verglich die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen mit terroristischen Anschlägen.
Der katholische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, zeigte sich skeptisch hinsichtlich der Verhandlungen für eine Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln: “Die Anzeichen für eine erfolgreiche Beendigung der Verhandlungen sind sehr schwach.” Ein Ende des Konflikts sei nicht in Sicht. Nach Ansicht des Jerusalemer Kardinals können die Angriffe der israelischen Armee auf Stellungen der Hisbollah im Libanon den Konflikt nicht lösen, sondern nur verschärfen. Stattdessen seien kreative politische Lösungen gefragt.
Besonders betroffen von den Luftschlägen sind laut der katholischen Hilfsorganisation missio Aachen der Süden des Libanons, die nördliche Bekaa-Ebene und der Süden der Hauptstadt Beirut. Christliche Diözesen, Pfarreien, Schulen und Klöster leisteten dort schon Hilfen für Menschen in Not. Sie nähmen Geflüchtete auf, verteilten Essen, Getränke und leisteten medizinische Erstversorgung, so der Leiter einer missio-Partnerorganisation in Beirut.
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben am Mittwoch rund 280 Hisbollah-Ziele im Libanon angegriffen, darunter Raketenabschussrampen, von denen aus auf Israel geschossen wurde. Libanesische Medien berichteten unterdessen von mindestens 90.000 Binnenvertriebenen. Seit Beginn der israelischen Luftangriffe sei die Zahl der Todesopfer auf mindestens 590 gestiegen. Die Hisbollah setzte unterdessen auch am Mittwoch ihren Raketenbeschuss auf Israel fort. Dabei feuerte sie nach israelischen Armeeangaben erstmals in der Geschichte auf Tel Aviv.