Artikel teilen:

Pädagogin: Schulen brauchen Migrations-Quoten

Mit einem Buch über Gewalt an Schulen wurde Doris Unzeitig bundesweit bekannt. Heute ist sie Schulleiterin in Salzburg – und sieht weiterhin massive Probleme an deutschen Schulen.

“Knallharte Quoten”, wie viele Kinder aus bildungsfernen Familien und mit nicht deutscher Herkunftssprache eine Schule aufnehmen muss, hält die Pädagogin Doris Unzeitig für sinnvoll. “Nach meiner Erfahrung kippt die Situation spätestens bei einem Anteil von 50 Prozent”, sagte sie im Interview der “Welt” (Dienstag). Vor sechs Jahren hat Unzeitig das Buch “Eine Lehrerin sieht Rot” über ihre Erfahrungen an der Berliner Spreewaldschule veröffentlicht.

Quoten wären politisch schwer durchsetzbar, räumte die Autorin ein. “Die besser situierten Eltern werden alles daransetzen, das eigene Kind zu schützen.” Daher hänge alles von der Qualifizierung des Lehrpersonals ab.

Lehrkräftemangel sei nicht das einzige Problem, sagte Unzeitig. An sogenannten Brennpunktschulen müsse das Personal “weit über das Fachliche heraus ausgebildet sein”. So kämen bei Auseinandersetzungen mit Schülern “häufig die Fäuste zum Einsatz, weil den Kindern die Argumente ausgehen oder auch die Sprache fehlt”. In solchen Fällen müsse man gezielt intervenieren: “Erfahrung im Gewaltkonfliktmanagement ist eine Grundvoraussetzung, um an einer solchen Schule zu arbeiten.”

Darüber hinaus brauche es auch Logopäden, Ergo- und Sprachtherapeuten, um Erziehungsprobleme anzugehen und die Eltern mit ins Bot zu holen. Sie habe jedoch Kolleginnen und Kollegen erlebt, die Angst vor Elterngesprächen hatten, “weil sie nicht selbst angepöbelt werden wollten”, so Unzeitig.

In der Politik sieht die Pädagogin, die heute eine Grundschule in Salzburg leitet, nach eigenen Worten kein Konzept für zielgerichtete Hilfe. “Das würde auch voraussetzen, die Missstände anzuerkennen. Solange es an Geld, geeignetem Personal und Integration fehlt, kann nicht gegengesteuert werden.” Die Gesellschaft könne es sich nicht leisten, die betroffenen Kinder abzuschreiben, “aber sie tut es trotzdem”.