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Ohne große Worte

Fasten beim Predigen. Ohne große Worte verkündigen – zu dieser ungewöhnlichen Fastenkation ruft das Zentrum für evangelische Predigtkultur der EKD in Wittenberg von Aschermittwoch bis Palmsonntag auf. Warum? Kommentar von Kathrin Oxen

Von Kathrin Oxen

„Stellen sie sich einen Liebenden vor, der die Frage ‚Liebst du mich?‘ mit dem Satz beantwortet: ‚Aber ja, du weißt es doch, ich habe es dir letztes Jahr schon gesagt.‘ Wie könnte er entschiedener bezeugen, dass er endgültig aufgehört hat zu lieben?“ (Bruno Latour, 39)Gerade große Worte wirken manchmal nicht mehr und verlieren damit ihre Bedeutung. Sie müssen immer wieder neu und anders zu Sprache gebracht werden. Der französische Soziologe Bruno Latour, der im vergangenen Jahr in Wittenberg zu Gast war, nennt in seinem 2011 erschienenen Buch „Jubilieren. Über religiöse Rede“ ein Beispiel aus der zwischenmenschlichen Kommunikation, das sicher vielen Menschen ganz vertraut vorkommen wird. Seine Überlegungen waren es, die uns zu unserer Fastenaktion „Sieben Wochen Ohne Große Worte“ angeregt haben.An den Sonntagen der Passionszeit fordern wir deswegen Predigerinnen und Prediger auf, in ihren Predigten einmal bewusst auf die „Großen Worte“ zu verzichten. Wir haben 49 Beispiele ausgesucht. Liebe ist dabei, aber auch Barmherzigkeit, Kreuz, Gnade, Trost, Hoffnung, auch Gott und Jesus. Diese Worte sollen aber nicht einfach weggelassen, sondern im Gegenteil neu gefüllt werden – so wie ja auch bei anderen Formen des Fastens der Verzicht zu neuen Erfahrungen führen kann. (…)

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