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Obdachlose sind auch im Sommer auf Hilfe angewiesen

Nicht alle freuen sich über hohe Temperaturen. Bei Hitze hat neben alten und kranken Menschen vor allem eine Gruppe zu kämpfen: Obdachlose.

Wenn es heiß wird, sind Obdachlose auf Schatten und Wasserspenden angewiesen.
Wenn es heiß wird, sind Obdachlose auf Schatten und Wasserspenden angewiesen.epd-bild/Friedrich Stark

Mit jedem zusätzlichen Grad auf dem Thermometer wird das Leben für obdachlose Menschen härter. „Dann können sie nur hoffen, in der Fußgängerzone oder in den Wallanlagen ein bisschen Schatten zu finden“, sagt Caroline Notzke von der Zentralen Beratungsstelle der Diakonie in Stadthagen bei Hannover.

Andere Möglichkeiten biete die Kreisstadt den Obdachlosen nicht. Denn auch die Notunterkunft sei tagsüber nicht zugänglich. „Wenn es hier richtig heiß wird, dann ist es furchtbar für sie“, so Notzke.

Ab 13 Uhr sind Obdachlose auf sich allein gestellt

Doch das kühle Plätzchen am Tag, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist nur die eine Sorge der Sozialarbeiterin. „Es gibt hier nicht einmal einen öffentlichen Wasserspender“, klagt die Mitarbeiterin der Diakonie. Wasser müssten sich die Obdachlosen entweder in den öffentlichen Toilettenanlagen besorgen oder aber erbetteln. Ihr eigenes Geld sei schließlich knapp bemessen. „So sollte es nicht sein.“

Die Beratungsstelle, die alle Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten unterstützen soll, die im Landkreis Schaumburg leben, könne diese Zustände allenfalls mildern, sagt Notzke. „Wir bieten kostenloses Trinkwasser an und animieren dazu, viel zu trinken.“ Außerdem verschenke man Sonnenschutzcremes, Hygieneartikel und Schirmmützen, erzählt Notzke. Doch die diakonische Einrichtung, die neben der Beratungsstelle auch ein Café umfasse, sei kein Tagestreff und nur von 8.30 Uhr bis mittags um 13 Uhr geöffnet. „Danach sind die Menschen wieder auf sich allein gestellt.“

Für die Obdachlosen sei die Hitze eine große körperliche Belastung und bedeute zusätzlichen Stress, erklärt Notzke. Denn sie seien ohnehin geschwächt, psychisch belastet und oft chronisch krank. Bei hohen Temperaturen könnten sie schlechter regenerieren.
Allein in Stadthagen, einer Kreisstadt mit rund 70 000 Einwohnern, seien mindestens zehn Menschen betroffen, schätzt Notzke. Und es kämen weitere hinzu, die unerkannt auf der Straße leben. Noch sei zum Glück niemand verdurstet.

Notunterkünfte sollten rund um die Uhr öffnen

Die schwierige Situation in Stadthagen sei auf alle Landkreise in Niedersachsen übertragbar. „Wir müssten viel mehr tun“, betont die 53-jährige Frau, die seit zehn Jahren in der Wohnungslosenhilfe tätig ist. Es sollte Mindeststandards bei den Notunterkünften geben, darunter flexible Öffnungszeiten, fordert Notzke. Noch besser wäre es, wenn sie rund um die Uhr geöffnet wären und Zugang zu Trinkwasser böten.

Deswegen sollten Gemeinden kostenlos Wasser bieten, wie es zum Beispiel in der Marktkirche in Hannover geschieht. Auch die Mitmenschen seien gefordert. „Sprechen Sie auffällige Menschen lieber einmal mehr an und fragen sie, ob Sie helfen können“, so Notzke. „Bieten Sie Wasser an. Oder rufen Sie notfalls den Notarzt.“ Es sei besser, einmal abgewiesen zu werden als einmal nicht geholfen zu haben.