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Nürnberg froh über Koalitionsplan für NSU-Dokuzentrum

Eine rechtsextreme Mörderbande hat zehn Menschen ermordet, drei in Nürnberg. Dort soll es nun ein zentrales Dokuzentrum geben. Das Projekt hat es offenbar kurz vor knapp noch in den Koalitionsvertrag geschafft.

Die Stadt Nürnberg ist erfreut über den Beschluss für ein dort angesiedeltes NSU-Dokumentationszentrum im neuen Koalitionsvertrag von Union und SPD. Oberbürgermeister Marcus König (CSU) sagte am Mittwochabend, Stadt und Zivilgesellschaft setzten sich seit Jahren intensiv mit den Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle auseinander. Würdige Gedenkorte seien geschaffen, Plätze und Parks nach den Todesopfern benannt worden. Außerdem gebe es Bildungsprojekte und eine künstlerische Auseinandersetzung mit “diesem unabgeschlossenen Kapitel bundesdeutscher Geschichte”. König: “Ich bin überzeugt, dass die Standortwahl auch bei den betroffenen Familien auf Zustimmung stoßen wird.”

Mit dem Kürzel NSU (“Nationalsozialistischer Untergrund”) verbunden ist eine Mordserie, der zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Menschen in deutschen Großstädten zum Opfer fielen, darunter neun Migranten und eine Polizistin. In Nürnberg wurden drei Morde verübt.

Die Zweite Bürgermeisterin Nürnbergs, Julia Lehner (CSU), hatte den Teil Kultur und Medien in dem am Mittwoch veröffentlichten Koalitionsvertrag mitverhandelt. Sie sagte: “Es ist ein großer Schritt in der Aufarbeitung der Geschichte des NSU.” Mit dem künftigen Dokuzentrum könnten auch drängende Themen der Gegenwart in den Blick genommen werden. CSU-Chef Markus Söder habe “die für Nürnberg wichtigen Themen in der Schlussrunde der Koalitionsverhandlungen” durchgesetzt. Nürnberg ist Söders Heimatstadt.

Die Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros, Martina Mittenhuber, sagte, für einen erfolgreichen Start des Projekts komme es maßgeblich auf eine enge Zusammenarbeit mit den Angehörigen und Überlebenden sowie den weiteren betroffenen Städten an. Diese sind Hamburg, München, Rostock, Köln, Dortmund, Kassel und Heilbronn.

Einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer Stiftung für das Dokuzentrum hatte noch die Ampelregierung auf den Weg gebracht. Mehrere Standorte waren im Gespräch. Seitens der Stadt Nürnberg hieß es, vor weiteren eigenen Schritten bleibe abzuwarten, ob der Gesetzentwurf noch Bestand habe oder modifiziert werde.

Kurz vor Ende der Koalitionsverhandlungen stand das Projekt offenbar noch auf der Kippe. Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, warnte noch am Dienstag in einem Interview vor dem Scheitern.