Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Schutz vor Machtmissbrauch an Hochschulen verbessern. Mit dem neuen Hochschulstärkungsgesetz bekämen die Unis künftig mehr rechtliche Möglichkeiten, Betroffene besser zu schützen und Fehlverhalten zu ahnen, teilte Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf mit. „Unsere Hochschulen müssen sichere Orte sein – für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studierende, Forschende und Lehrende.“
Bislang hätten die Hochschulen bei Verdachtsfällen von Machtmissbrauch nur ein Disziplinarverfahren einleiten können, hieß es weiter. Weil bis zum Abschluss eines solchen Verfahrens die Unschuldsvermutung gelte, seien der mutmaßliche Täter und die betroffene Person oft gezwungen, täglich weiter miteinander zu arbeiten. Mit dem neuen Gesetz könne die Hochschule dem mutmaßlichen Täter künftig sofort das Betreten eines Gebäudes oder des gesamten Campus untersagen, bis die Vorwürfe aufgeklärt seien. Weitere Sanktionsmaßnahmen seien unter anderem Kontaktverbote, der Entzug der Weisungsbefugnis gegenüber Beschäftigten oder der Entzug der Lehr- und Prüfungsbefugnis.
Von Machtmissbrauch Betroffene erhalten den Angaben zufolge mit dem neuen Gesetz zusätzliche Informations- und Schutzrechte. Sie könnten zum Beispiel den Stand des Verfahrens erfragen, was beim Disziplinarverfahren ausgeschlossen ist, und einen Rechtsanwalt als Beistand erhalten. Außerdem sei die Einrichtung von Anlaufstellen oder Ansprechpersonen vorgesehen, die keiner Weisung der Hochschule unterliegen.
Neu sind laut Ministerium auch Ahndungsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Redlichkeit wissenschaftlichen Arbeitens wie etwa bei wissenschaftlichen Publikationen unter der Angabe falscher Urheberschaft. Die Maßnahmen reichen vom Ausspruch einer Rüge über die Verpflichtung, die entsprechende Veröffentlichung zurückzuziehen, bis zum Entzug des Hochschulgrades oder der Lehrbefähigung.
Der Gesetzentwurf, den das Kabinett verabschiedet hat, geht den Angaben zufolge in die Verbändeanhörung und wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 im Landtag beraten.
Zum Thema Machtmissbrauch hatte die Hochschulrektorenkonferenz im Mai ein Papier mit Empfehlungen verabschiedet. Darin hieß es, Hierarchien und Abhängigkeiten an Hochschulen könnten Machtmissbrauch begünstigen. Das könne sich etwa in der unberechtigten Aneignung geistigen Eigentums, problematischen Forschungspraktiken, dem Einfordern von Mehrarbeit oder gar Diskriminierung, Demütigung sowie sexueller Belästigung niederschlagen.
Die Rektorinnen und Rektoren hatten gefordert, Hochschulen sollten sich klar gegen Machtmissbrauch positionieren und Schulungen zu Umgang und Verhinderung anbieten. Zudem sei es wichtig, benachteiligte Gruppen besonders zu schützen.