Seit Tagen wird in Rom über mögliche Friedensverhandlungen für die Ukraine spekuliert. Der Papst hat den Vatikan als Ort angeboten. Doch nun werden offenbar Alternativen geprüft.
Der Chef der vatikanischen Diplomatie hat einen US-amerikanischen Medienbericht dementiert, wonach bereits feststehe, dass Mitte Juni im Vatikan Friedensverhandlungen für die Ukraine stattfinden sollen. Die Tageszeitung “Repubblica” (Freitag) zitiert Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin mit den Worten:”Der Heilige Vater hat seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, den Dialog zwischen den Kriegsparteien zu ermöglichen, aber ich habe noch keine diesbezügliche Antwort erhalten.”
Unterdessen berichten mehrere italienische Zeitungen, dass Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Telefonaten und Kurznachrichten mit ihren europäischen Partnern inzwischen eine Alternative zum Standort Vatikan für mögliche Friedensverhandlungen ventiliert habe. Unter anderem seien jetzt Genf oder erneut Istanbul im Gespräch. “Was zählt, ist der Frieden, nicht der Ort der Gespräche”, wird die Regierungschefin zitiert.
Unterdessen dämpfte auch der Papstbotschafter in Kiew, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, die Erwartungen. Er sagte der Tageszeitung “Messaggero”, Verhandlungen im Vatikan seien “bislang bloß eine Hypothese.” Allerdings sei jetzt die Möglichkeit für Gespräche in Rom eröffnet. Aber die vatikanische Diplomatie wisse, “dass es für echte Verhandlungen nicht genügt, eine gute location zu haben. Denn alles hängt davon ab, dass man eine gemeinsame Grundlage findet, um wirklich in Gespräche einzusteigen.”
Als warnendes Beispiel nannte der Vatikan-Diplomat die jüngsten Gespräche in Istanbul über einen möglichen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine. Diese seien, abgesehen von einigen humanitären Fortschritten, “praktisch gescheitert”. Für Verhandlungen brauche es “einen konkreten Rahmen und nicht bloß einen schönen Bildhintergrund”.
Falls es zu Gesprächen im Vatikan käme, würde der Heilige Stuhl allerdings nicht im eigentlichen Sinn als Vermittler auftreten, führte er aus. Die Rolle umschrieb der Diplomat mit den Worten: “Der Vatikan ermöglicht, sorgt für Annäherung und hilft beim Dialog. Deshalb erscheint dieser Ort für einen Dialog der ideale zu sein.” Positiv bewertete Kulbokas jüngste Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill. Dieser habe nun erstmals Entspannungssignale gesendet und von der Notwendigkeit gesprochen, zu einem Frieden zu gelangen.