Artikel teilen:

Nach Erdbeben in Myanmar mehr als 10.000 Todesopfer befürchtet

In Myanmar steigt nach dem schweren Erdbeben die Zahl der Toten und Verletzten. Erschwert werden die Rettungsmaßnahmen durch den Bürgerkrieg. Die herrschende Militärjunta bat die internationale Gemeinschaft um Hilfe.

Einen Tag nach dem schweren Erdbeben in Myanmar und benachbarten Ländern ist die Lage unübersichtlich. Nach Angaben der herrschenden Militärjunta und staatlicher Medien (Samstag) wurden in Myanmar bisher mehr als 1.000 Tote und über 2.000 Verletzte geborgen. Experten vermuten jedoch, dass bei der Katastrophe mehr als 10.000 Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Unterdessen liefen internationale Hilfsmaßnahmen an.

Das Beben von Freitag mit einer Stärke von 7,7 auf der Richterskala traf besonders die myanmarische Millionenstadt Mandalay nahe dem Epizentrum. Schwere Zerstörungen werden auch aus der Hauptstadt Naypyidaw und der Region Sagaing gemeldet. Die Erdstöße brachten Häuser und Brücken zum Einsturz und rissen Straßen auf. Laut myanmarischer Exilmedien mangelt es in Mandalay aber an Personal und schwerem Gerät bei der Suche nach Überlebenden. Es fehle auch an medizinischen Fachkräften zur Versorgung der vielen Verletzten. Die Einsatzkräfte grüben teils mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verschütteten und Toten. Das Beben war auch in Thailand, China und Vietnam spürbar und richtete dort teils Schäden an.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Myanmar Bürgerkriegsgebiete betroffen sind, die teils unter der Kontrolle von Junta-Gegnern stehen und teils von der Militärregierung beherrscht werden. In beiden Fällen ist der Informationsfluss wegen der Internetabschaltungen durch das Militärregime schwierig.

In Mandalay fehlt es als Folge des Militärputsches vor vier Jahren an Krankenhäusern und Ärzten. Die Junta habe dort private Krankenhäuser geschlossen und viele Ärzte verhaftet, erklärte die “Widerstandsbewegung des zivilen Ungehorsams” am Samstag auf dem Portal X. “Wir fordern ihre Freilassung! Wir brauchen sie sofort zurück in Mandalay”, forderte sie.

Trotz der Katastrophe geht der Bürgerkrieg in Myanmar offenbar teilweise weiter. Wenige Stunden nach dem Beben führte die Junta laut Berichten zwei Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung in der Ortschaft Chaung-U in Sagaing durch. Über 3,5 Millionen Menschen sind in Myanmar vor dem Bürgerkrieg geflohen. Fast die Hälfte davon lebt nach Angaben der Vereinten Nationen in der Nähe des Epizentrums des Erdbebens.

Mandalay und die angrenzende Region Sagaing sind das Kernland des Buddhismus von Myanmar als auch das historische Zentrum des alten Königreichs Birma. Durch das Erdbeben seien mehr als 80 historische Pagoden und Tempel zerstört worden, teilte die Untergrundregierung “National Unity Government” mit. Allein durch den Einsturz eines Tempels in Mandalay kamen Berichten zufolge 80 buddhistische Mönche ums Leben.

Das Ausmaß der Katastrophe wurde auch durch die Bitte von Junta-Chef General Min Aung Hlaing um internationale Unterstützung deutlich. Frühere Militärregimes hatten selbst nach schweren Naturkatastrophen ausländische Hilfe abgelehnt. Russland, China, Indien, die USA, südostasiatische Länder und die Europäische Union sagten bereits ihre Unterstützung zu. Die EU stellte zunächst 2,5 Millionen Euro Soforthilfe bereit. “Die EU hat außerdem ihren Copernicus-Satellitendienst aktiviert, um die Folgenabschätzung zu erleichtern”, hieß es in einer Mitteilung aus Brüssel.

Ein Nothilfeteam von Malteser International sollte am Samstagabend von Deutschland nach Myanmar aufbrechen, um örtliche Teams zu unterstützen. Medizinisches Personal sowie Experten im Bereich Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung seien bereits im Einsatz, “um die Bedarfe zu ermitteln und erste Hilfen zu koordinieren”, berichtete Oliver Hochedez, Leiter der Nothilfeabteilung von Malteser International. Dringend benötigt würden Medikamente und medizinisches Verbrauchsmaterial.

In der thailändischen Hauptstadt Bangkok brachte der Erdstoß am Freitag den Rohbau eines Hochhauses zum Einsturz. Mindestens zehn Bauarbeiter kamen ums Leben. Ansonsten sind die Schäden in der Millionenmetropole gering.