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Museum der Augsburger Puppenkiste widmet sich dem Trickfilm

“Die Kiste” heißt das Museum der Augsburger Puppenkiste. In seiner neuen Ausstellung befasst sich das Haus mit dem Thema Trickfilm. Die Schau verdeutlicht, welch immenser Aufwand hinter dieser Kunstform steckt.

Unerwartete Begegnungen kann man neuerdings im Museum der Augsburger Puppenkiste machen. “Die Kiste” zeigt vom 29. Februar bis 22. September die neue Sonderschau “Stop! Motion! Die Illusion der Bewegung”. In dieser Ausstellung zum Thema Trickfilm sind längst nicht nur Marionetten zu sehen.

Vielmehr geben sich auch andere alte Bekannte aus der Welt von Spiel und Spaß die Ehre: Lego-Klötze ebenso wie der Kinderfernsehstar “Shaun das Schaf”. Mit ihnen mag man in einem Holzpuppenhaus zunächst nicht rechnen. Dabei haben alle Genannten durchaus etwas gemeinsam, ihre mehr oder weniger klobige Natur nämlich. Filigran inszenieren lassen sie sich trotzdem.

Das funktioniert etwa mithilfe der Stop-Motion-Technik. “Dabei werden einzelne Bilder digital zu einem Film zusammengefügt”, erklärt Museumsmitarbeiterin Michaela Dempf. “Die Bilder werden nach und nach minimal verändert, sodass sich in der schnellen Abfolge bei einer Figur etwa ein Arm bewegt.” Das Prinzip Daumenkino lässt grüßen. Dempf vergleicht es mit “Puppenspiel im virtuellen Raum”.

In Sachen Lego hat sich durch diese Technik gar ein eigenes Genre herausgebildet: der “Brickfilm” (“brick” heißt auf Englisch Ziegel). Dabei dienen Spielfiguren und Bausteine als Animationsobjekte. Die vorgefertigten Sets bieten die Möglichkeit, ohne aufwendige Bau- und Bastelarbeiten auf vorgefertigte Figuren mit beweglichen Gelenken sowie Grundplatten zur Fixierung der Protagonisten und Kulissen zurückzugreifen, wie Dempf erklärt. Ihr Museum zeigt zu diesem Thema Szenen aus “A History of the World in 10.000 Bricks”, einem Film über 10.000 Jahre Menschheitsgeschichte aus 10.000 Steinen.

Wie bei den rund 30 weiteren Vitrinen ist auch das Lego-Exponat mit Monitor und QR-Code ausgestattet. Der Bildschirm präsentiert den Trailer zum Film. Wer mehr will, kann per Telefon den Code scannen und im Internet den kompletten Streifen und Zusatz-Infos sehen.

Es lohnt sich allerdings, die Sinne erst mal analog im Museum zu belassen. Denn da warten weitere spannende Ansichten und Erklärungen. Zum Beispiel zur Produktion von “Shaun dem Schaf”: Um das knuffige Wolltier aus Spezialknete und Drahtskelett auch nur eine Sekunde lang animiert erscheinen lassen zu können, sind zwölf bis 24 Einzelaufnahmen nötig. “So wird beim Zuschauer der stroboskopische Effekt erzeugt”, sagt Michaela Dempf. “Also das Gefühl: Das Bild bewegt sich, da läuft ein Film.” Was ein immenser Aufwand!

Zumal, wenn man bedenkt, dass alles auch rein digital zu machen wäre. Dieser Gedanke kommt unweigerlich, wenn man vor dem Glaskasten zu “Chase Me” steht. Der Film erzählt die Geschichte eines Mädchens, das durch einen magischen Wald spaziert. Währenddessen verwandelt sich ihr Schatten zu einem Ungeheuer, das sie zu jagen beginnt. “‘Chase Me’ kombiniert die Magie des Films mit dem Wunder des 3D-Drucks”, heißt es im Museum. Der französische Künstler Gilles-Alexandre Deschaud habe seine Drucker zehn Monate lang durchgehend laufen lassen und am Ende fast 2.500 Prints zu einem Stop-Motion-Werk zusammengesetzt.

Aber er hätte doch gleich alles komplett vom Rechner animieren lassen können, ohne Drucker-Umweg? “Das ist eine Zwischen-Kunstform”, meint Michaela Dempf. “Außerdem muss ein Rechner ja bedient werden, und das geht nicht unbedingt leichter und schneller als händisch-analoges Arbeiten.”

Lego, Shaun, Kunst aus Frankreich – all das versammelt die Ausstellung. Ein Blick über den Tellerrand ist nie verkehrt. Doch “Die Kiste” findet auch diesseits Belege für Trickfilmtechnik.

Ein Beispiel dafür ist “Der liebe Herr Teufel”. Die Puppenkiste drehte unter diesem Titel 1987 einen Marionettenfilm nach dem gleichnamigen Buch Christine Nöstlingers. Er erzählt die Geschichte des Versuchs aus der Hölle, das letzte glückliche Paar der Menschheit zu verderben. “In diesem Film kann sich der Teufel dank eines Tarnumhangs unsichtbar machen”, erklärt Dempf. “Dieser Effekt gelingt durch Schnitttechnik und einen Stopptrick.” Doch so ausgefeilt er auch sein mag: “Des Teufels Plan scheitert zum Glück trotzdem.”