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Muezzinruf: Keine weiteren Anträge von Kölner Moscheegemeinden

Ein Jahr nach dem kontrovers diskutierten ersten öffentlichen Muezzinruf zum Freitagsgebet in Köln haben einem Zeitungsbericht zufolge keine weiteren Moscheegemeinden einen Antrag bei der Stadt Köln gestellt. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag) unter Berufung auf Angaben einer städtischen Sprecherin berichtet, hätten nach der Ankündigung des Pilotprojektes 2021 zwar mehrere Gemeinden Interesse gezeigt, aber letztlich habe nur die umstrittene Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) den Muezzinruf für die Ehrenfelder Zentralmoschee beantragt.

„Zu weiteren Antragstellungen kam es jedoch nicht“, sagte die Sprecherin der Zeitung. Die Vereine hätten der Stadt mitgeteilt, die Nachbarschaft nicht stören zu wollen, zudem gebe es eine Gebetsruf-App. Im Oktober 2024 will die Stadt nach zwei Jahren Projektlaufzeit mit der Ditib analysieren, wie es weitergeht.

Der Gebetsruf, der am 14. Oktober 2022 erstmals über den Vorplatz der Ehrenfelder Ditib-Moschee hinaus über Lautsprecher verstärkt wurde, darf nur freitags in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr und für die Dauer von maximal fünf Minuten erfolgen, für die Lautstärke wurde eine Schallobergrenze festgelegt.

Die eng mit der türkischen Religionsbehörde in Ankara verbundene Ditib als Trägerin der Moscheegemeinde musste laut den städtischen Vorgaben vorab Anwohner informieren und einen Ansprechpartner benennen. Der Stadtteil Ehrenfeld ist dicht bewohnt. Von den rund 109.000 Ehrenfeldern hat knapp jeder zehnte einen türkischen Migrationshintergrund. Der Kölner Muezzinruf war nicht der erste in Deutschland: In rund 30 Moscheegemeinden ist das bereits üblich.

Die Stadt Köln hatte das Projekt mit Toleranz und dem Recht auf Religionsausübung begründet. Das auf zwei Jahre befristete Modellprojekt war vor einem Jahr in der Öffentlichkeit auf ein geteiltes Echo gestoßen. Auch unter Wissenschaftlern gingen die Meinungen auseinander. Während der Migrationsforscher und Islamexperte Werner Schiffauer vor einem Jahr gewürdigt hatte, dass auf diese Weise anerkannt werde, dass der Islam gleiche Rechte habe, äußerten sich der Psychologe und Autor Ahmad Mansour sowie Susanne Schröter vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ damals kritisch. Es sei eine „Machtdemonstration“, wenn ausgerechnet der erdogantreue Ditib-Verband wöchentlich laut zum Gebet rufe, hatte Mansour gesagt. Auch Schröter hatte kritisiert, die türkische Regierung habe immer wieder die Ditib-Moscheen für politische und auch für anti-integrative Propaganda genutzt