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Mit dem Behindertentestament Nachteile ausgleichen

Heute schon an morgen denken. Das ist der Kerngedanke jeder Vorsorge. Dazu gehört, auf die Lebenszeit gesehen, auch ein Testament, der „Internationale Tag des Testaments“ am 13. September erinnerte daran. Wer seinen letzten Willen schriftlich festhält, kann Einfluss nehmen auf das, was bleibt – nach dem Tod. Was aber tun, wenn man an eine Person vererben möchte, die behindert ist? Antwort auf diese Frage gibt das Behindertentestament. „Es ist ein Testament, das behinderte Kinder absichert“, erklärte die Rechtsanwältin Martina Klose aus Jena gegenüber dem Evangelischen Pressdienst (epd).

Die Erbrechtsanwältin hält beim Online-Forum „Das gute Testament“ am Samstag, dem 16. September von 14 bis 17.15 Uhr einen Workshop zum Behindertentestament. Vor dem Workshop ist ein Impuls der Evangelischen Landesbischöfin in Baden, Heike Springhart, vorgesehen. Anwälte und ein Palliativmediziner aus Freiburg halten Vorträge. Veranstaltet wird das Forum von der gemeinsamen Initiative Evangelischer Landeskirchen und ihrer Diakonischen Werke „Was bleibt“. Die Initiative, der elf Landeskirchen, unter anderem aus Baden, Württemberg und Bayern, angehören, organisiert seit drei Jahren in der Reihe „Nicht(s) vergessen“ Online-Seminare zu Themen rund um Sterben, Tod und Vererben.

Das Behindertentestament bedeutet für Menschen mit einer Behinderung einen Vorteil beim Erbe. Eltern können damit verhindern, dass das Vermögen für Sozialleistungen oder die Eingliederungshilfe eingesetzt werden muss. Wer Sozialleistungen erhält, darf höchstens 10.000 Euro Vermögen besitzen. „Die Eltern wollen mit dem Behindertentestament Dinge finanzieren, die das Leben des Kindes schöner machen“, weiß Klose. Das können Hobbys, Konzertbesuche, Reisen oder regelmäßige Geschenke zum Geburtstag sein. Ausbezahlt wird das Geld aus dem geerbten Vermögen von einem lebenslang bestellten Testamentsvollstrecker.

Das könne eine Vertrauensperson der Erblasser oder eine professionelle Person sein, erklärte die Anwältin. Sie verwaltet selbst als Testamentsvollstreckerin Vermögen und hat Einblick in viele Familien. „Das Behindertentestament wird auch in Konstellationen eingesetzt, in denen die Kinder überschuldet sind“, so Klose. Mit dem speziellen Testament könnten Gläubiger nicht auf das Vermögen zugreifen, so die Anwältin. Auch bei minderjährigen Erben oder wenn die Eltern der Meinung seien, die Kinder seien „mit 18 noch nicht so reif wie mit 25“, käme ein Behindertentestament in Betracht.

„Das Behindertentestament ist aber immer ein Eingriff“, betonte Klose. Es bestehe im Kern aus einer Kombination einer Vor- und Nacherbfolge sowie einer Dauertestamentsvollstreckung, fasste die Fachanwältin zusammen. Das Vermögen wird somit einerseits einem lebenslangen Verwalter anvertraut. Andererseits ist ein zweiter, sogenannter Nacherbe, zu benennen. Er erbt das Restvermögen, falls das behinderte Kind oder der behinderte Angehörige vorzeitig verstirbt.

„Der Workshop zum Behindertentestament richtet sich an eine spezielle Zielgruppe“, sagte Kirchenrat Thorsten Sternberg von der Evangelischen Landeskirche in Baden in Karlsruhe. Die Zielgruppe wächst. „Vereine wie die Lebenshilfe sensibilisieren zunehmend für das Thema“, sagte Klose.

Die Anwältin empfiehlt Eltern, für die Abfassung des Behindertentestaments einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt oder Notar aufzusuchen. Sozialhilfeträger wollten auf das Geld zurückgreifen, so Klose. Der Bundesgerichtshof habe in den 1990er-Jahren zwar entschieden, dass das Behindertentestament nicht als „sittenwidrig“ einzustufen sei. Die Gesetzeslage könne sich jedoch jederzeit ändern. (2191/14.09.2023)